Gringmuth-Dallmer, Hanns Paul Gerhard, Dr. phil.
geb. 23.11.1907 Oppeln,
gest. 07.09.1999 Plauen/Vogtland,
Archivar, Historiker.

Nach dem Abitur 1926 am Domgymnasium Merseburg studierte G., Sohn eines Regierungsrates, Geschichte und Germanistik in Jena, Bonn und Halle. 1934 promovierte er in Halle bei Hans Herzfeld über “Die Behördenorganisation im Herzogtum Magdeburg. Ihre Entwicklung und Eingliederung in den brandenburg-preußischen Staat” (1934). 1936/37 absolvierte er das Institut für Archivwissenschaften und geschichtswissenschaftliche Fortbildung am Preußischen Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem. Er nahm anschließend seine Tätigkeit am Staatsarchiv Magdeburg auf, wo er 1941 zum Archivrat ernannt wurde. Nach Adoption durch Theodor Dallmer 1940 führte er den Namen G.-D. Nach Kriegsdienst und späterer sowjetischer Kriegsgefangenschaft (Oktober 1939 bis September 1947) kehrte er an das nunmehrige Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg zurück und wurde 1948 zu dessen Direktor ernannt. Von 1953 bis 1966 war er Honorardozent am Institut für Archivwissenschaften in Potsdam. Im Oktober 1967 wurde er aus politischen Gründen als Archivdirektor abgelöst und an die Außenstelle Wernigerode versetzt. 1976 schied er aus dem Archivdienst aus und siedelte 1980 in die BRD über. G. war ordentliches Mitglied der Historischen Kommission bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaft zu Leipzig, Mitglied des Hansischen Geschichtsvereins und Mitglied der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt. Er setzte die von seiner Amtsvorgängerin Charlotte Knabe begonnene Übernahme des Archivgutes fort, das mit dem gesellschaftlichen Umbruch 1945 bei den aufgelösten Behörden und Gerichten sowie – infolge der Enteignungen durch die Bodenreform – bei zahlreichen Gutsherrschaften in der ehemaligen Provinz Sachsen und im Land Anhalt freigesetzt worden war. Dem zusätzlichen Raumbedarf konnte er durch Einrichtung von weiteren Archivaußenstellen (Merseburg, Möckern, Wernigerode) Rechnung tragen. Dank erfolgreicher Aufbauarbeit, die Bestandserschließung und archivarische Nachwuchsausbildung einschloß, legte das Magdeburger Archiv bereits 1954 als erstes der großen Staatsarchive der damaligen DDR den ersten Band seiner auf fünf Bände berechneten “Gesamtübersicht über die Bestände des Landeshauptarchivs Magdeburg” vor und eröffnete damit eine eigene Schriftenreihe, die “Quellen zur Geschichte Sachsen-Anhalts”. In die Reihe nahm G. auch Editionsvorhaben der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt auf (Walter Möllenberg), nachdem seinen Bemühungen als Vorsitzender der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt um die Fortsetzung landesgeschichtlichen Publikationen mit der Auflösung der Länder in der DDR 1952 die Grundlage entzogen worden war. Als Archivar und Historiker galten seine Arbeiten archivwissenschaftlichen Themen ebenso wie der mittelalterlichen Stadtgeschichte Magdeburgs und der frühneuzeitlichen Landes- und Verfassungsgeschichte Sachsen-Anhalts, das er als eine Geschichtslandschaft verstand. Die Verbindungen zu westdeutschen Fachkollegen und landesgeschichtlichen Forschungsgremien hielt er unbeirrt aufrecht. In seinem Bekenntnis zur deutschen Einheit wurde er durch die Wiedervereinigung bestätigt.

Werke: Bericht über die Archive in Sachsen-Anhalt, in: Der Archivar 2, 1949, Sp. 53–57; Beiträge zur Behördenkunde Anhalts, vornehmlich im 17. Jahrhundert, in: Archivar und Historiker. Fs. zum 65. Geburtstag von Heinrich Otto Meisner, 1956, 326–342; Häuserbuch der Stadt Magdeburg, Tl. 2. Aus dem Nachlaß von Ernst Neubauer bearb. und mit Registern versehen, 1956; Die Bauten der staatlichen Archive der DDR, in: Archivmitteilungen 7, 1957, 77–79; Geschichte und Aufbau des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt in Magdeburg, in: ebd. 9, 1959, 87–91; Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Magdeburg, in: ebd. 9, 1959, 159–163; Archive und Heraldik, in: ebd. 10, 1960, 107–111; Magdeburg-Wittenberg: Die nördlichen Territorien, in: Geschichte der deutschen Länder (Territorien-Ploetz), Bd. 1, 1964, 499–516; Magdeburg – Haupthandelsplatz der mittleren Elbe, in: Hansische Geschichtsblätter 84, 1966, 8–19; Die Außenstelle Wernigerode des Staatsarchiv Magdeburg, in: Archivmitteilungen 18, 1968, 35–37.

Nachlaß: LHASA: Rep. C 22 Nr. 335 (PA), dazu Rep. K 10, MVB Nr. 1540.

Literatur: Josef Hartmann, Nachruf H. G.-D., in: Sachsen und Anhalt 22, 1999/2000, 419–423 und in: Der Archivar 53, 2000, 182–184.

Bildquelle: *LHASA.

Josef Hartmann