Kretschmann, Friedrich
Robert, Prof. Dr. med. habil. |
Der Sohn des Justizrats Carl K. besuchte das Viktoria-Gymnasium in Burg und studierte ab 1876 Medizin in Göttingen, Tübingen und Halle. Das medizinische Staatsexamen absolvierte er 1881 mit einem examen rigorosum, im gleichen Jahr promovierte er in Halle mit der Dissertationsschrift “Über das Angioma arteriale racemosum”. Während der anschließenden Assistenz bei Theodor Weber in der Medizinischen Klinik und Poliklinik in Halle, erfolgte die Ausbildung zum praktischen Arzt, darauf schloß sich 1884 die Assistenz an der Universitäts-Ohrenklinik Halle bei Hermann Schwartze an, der auf der Basis der von ihm erforschten pathologischen Anatomie des Schläfenbeins der Ohrenheilkunde neue operative Wege wies. Es folgten wissenschaftliche Arbeiten, u. a. “Anatomische und pathologische Verhältnisse des Kuppelraumes, der Gehörknöchelchen und des hypotympanischen Raums”, der von ihm Kellerraum genannt wurde, und experimentelle Arbeiten zur Akustik, wie “Mittönen fester und flüssiger Körper”. K. entwickelte einige operative Methoden, wie die submuköse Radikaloperation der Kieferhöhle, die sublabiale Septumresektion sowie eine Gehörgangsplastik. Nach seiner Habilitation 1887 über “Fistelöffnungen am oberen Pol des Trommelfells über dem Processus brevis des Hammers, deren Pathogenese und Therapie” ließ er sich 1888 in Magdeburg als erster und einziger Ohrchirurg nieder. Parallel dazu hielt er bis 1890 Vorlesungen an der Universität Halle. 1905 erhielt er den Titel Medizinalrat und den Ruf als Professor der Ohrenheilkunde und Direktor der Poliklinik für Ohrenkranke nach Königsberg, den er ablehnte. 1906 erhielt er den Titel Professor. K. war lange Jahre im Vorstand der Medizinischen Gesellschaft zu Magdeburg und zwei Jahre ihr Vorsitzender. Als Gründungsmitglied der Gesellschaft Deutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte leitete er 1905 die Tagung der Otologischen Gesellschaft in Bad Homburg. 1910–14 übernahm K. die redaktionelle Leitung des Archivs für Ohrenheilkunde zusammen mit Paul Manasse, Würzburg. Im I. Weltkrieg war er fachärztlicher Berater im Bereich des Magdeburger IV. Armeekorps. Während des Krieges erhielt er den Titel Königlich Preußischer Sanitätsrat und Generaloberarzt. K. wurde 1928 Ehrenmitglied der Gesellschaft Deutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte sowie der Medizinischen Gesellschaft zu Magdeburg; er war zudem korrespondierendes Mitglied der belgischen Oto-laryngologischen Gesellschaft.
Werke: s.o.; Nachbehandlung des aufgemeißelten Warzenfortsatzes, in: Sammlung klinischer Vorträge N. F. 7, 1890, 35–44; Akustische Funktion der Hohlräume des Ohres, in: Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere; Die Bedeutung des Ohrschmerzes, in: Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiet der Nasen,- Ohren,- Mund- und Halskrankheiten 7, H. 4, 1904; (Hg.) Fs. Herrn Geheimen Medizinalrat Prof. Dr. Hermann Schwartze zu seinem 70. Geburtstage gewidmet (2 Bde), 1907 (Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. 73, 74).
Literatur: Wer ist’s? 1922; Bericht über die Thätigkeit der Privat-Klinik für Ohren-, Nasen- und Hals-Krankheiten von Dr. K., 1894; Friedrich Ahrendt, F. K., Magdeburg zum Gedenken, in: Zs. für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde 39, 1936, 155–158; Thomas Klemm, Grabstätten bedeutender Mediziner in Magdeburg, Diplom-Arbeit Medizinische Akademie Magdeburg 1979; Gundula Vogel, Die Bedeutung von Werner Hagedorn (1831-1894), Paul Schreiber (1855-1920), F. K. (1858-1934) und Rudolf Habs (1863-1937) für die Entwicklung der operativen Disziplinen in Magdeburg und ihr Engagement für das städtische Gesundheitswesen, Diss. Magdeburg 1980.
Bildquelle: *Bernd Freigang, Magdeburg (privat).
Bernd Freigang
letzte Änderung 30.03.2004