Erhard, Heinrich August, Dr. med. et phil.
geb. 13.02.1793 Erfurt,
gest. 22.06.1851 Münster/Westfalen,
Mediziner, Archivar, Historiker.

Der Sohn eines Anatomieprofessors der Erfurter Universität studierte nach dem Besuch des evangelischen Ratsgymnasiums Erfurt (1804–09) in seiner Heimatstadt und in Göttingen 1809–12 Medizin, Geschichte und verschiedene philologische Fächer. In Erfurt promovierte er 1812 zum Dr. med. sowie 1813 zum Dr. phil. 1813–16 wirkte er in Erfurt als praktischer Arzt und Privatdozent für Medizin, 1815 als Militärarzt. 1816 war er zunächst als Unterbibliothekar, dann, nach einem Zwischenspiel als Lehrer am evangelischen Gymnasium Erfurt, 1822–27 als königlicher Bibliothekar der ehemaligen Universitätsbibliothek Erfurt tätig. Bereits 1821 erhielt er aber einen Auftrag für die Neuordnung des Regierungsarchivs Erfurt. 1824 wechselte er als Archivar an das neugegründete Provinzialarchiv Magdeburg, wobei er seine Funktion in Erfurt vorerst noch beibehielt. E. leitete das Archiv zusammen mit seinem Kollegen Ludwig Christian Stock, der ihm gleichgeordnet war. E., der hauptsächlich die Urkundenabteilung betreute, bildete aus den Urkunden sieben Abteilungen für die historischen Territorien, von denen die größeren nach einem induktiv erstellten Schema sachlich gegliedert wurden. E.s System erwies sich als recht flexibel, so daß es später modernisiert werden konnte; in ihren Grundzügen beruht die heutige Urkundenabteilung des Landeshauptarchivs Magdeburg auf den Vorarbeiten E.s. Bis zu seinem Weggang bearbeitete er ca. ein Fünftel der damals vorhandenen ca. 25–30.000 Urkunden. 1831 wechselte E. als königlicher Archivrat und Vorstand an das preußische Provinzialarchiv für Westfalen in Münster. E. entfaltete eine rege Publikationstätigkeit, die neben medizinischen (u. a. eine vermehrte Neuausgabe und Fortsetzung von August Friedrich Heckers “Lexicon medicum theoretico-practicum reale”, 5 Bde, 1816–30) vor allem historische, archivkundliche sowie sprach- und wissenschaftsgeschichtliche Themen berührte. In seiner Magdeburger Zeit veröffentlichte er das vielbeachtete Werk “Geschichte des Wiederaufblühens wissenschaftlicher Bildung, vornehmlich in Deutschland bis zum Anfange der Reformation” (3 Bde, 1827–31) als Vorarbeit zu einer geplanten umfangreichen Publikation zur allgemeinen Geschichte der wissenschaftlichen Kultur Deutschlands, die nicht zur Ausführung kam. E. war Herausgeber einer archivkundlichen (1834–36) und einer geschichtswissenschaftlichen Zeitschrift (1838–51) sowie Begründer und Mitarbeiter am “Westfälischen Urkundenbuch” (Bd. 1–2, 1846–51, fortgesetzt von Roger Wilmans).

Werke: s.o.; Ueberlieferungen zur vaterländischen Geschichte (3 H.), 1825–28.

Literatur: ADB 6, 197f.; DBE 3, 144; Neuer Nekr 30, 1854, 918; Leesch 2, 144f.; N. N., H. A. E., in: Zs. für vaterländische Geschichte und Altertumskunde 13, 1852, 319–343 (W); August Hirsch, Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker, Bd. 2, 21930; Johannes Bauermann, H. A. E. (Sonderdruck aus: Westfälische Lebensbilder, Bd. 4), 1933; Walter Friedensburg, Entstehung des StA Magdeburg, in: Hans Beschorner (Hg.), Archivstudien. Zum 70. Geburtstag von Woldemar Lippert, 1931; Hellmut Kretzschmar, Walter Friedensburg, Geschichte des StA Magdeburg, o.J.; Berent Schwineköper, Gesamtübersicht über die Bestände des Landeshauptarchivs Magdeburg, Bd. 1, 1954.

Archivalien:  LHASA: Bestand C 22.

Thomas Lux