Coqui, Johann Gustav |
Einer der wohlhabendsten und angesehensten Familien Magdeburgs entstammend – sein Großvater Johann Caspar C. war 1788–1808 Bürgermeister der Pfälzer Kolonie und während der westfälischen Zeit Mitglied der Reichsstände –, verkörperte C. in nahezu idealtypischer Weise die Verbindung von wirtschaftlichem und politischem Engagement für die Durchsetzung der modernen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft in Deutschland. Der im Kolonialwaren- und Weinhandel sowie im Zuckergeschäft tätige C. gehörte als Unternehmer von 1842 bis 1847 zum Ältestenrat der Magdeburger Korporation der Kaufmannschaft und pflegte mit vielen Honoratioren der Stadt enge geschäftliche und private Kontakte. So hat er z. B. den wirtschaftlichen Aufstieg seines Freundes und späteren politischen Weggefährten Carl Deneke 1830 durch die stille Teilhaberschaft an dessen Firma erheblich gefördert. In die breite Öffentlichkeit – auch über die Stadtgrenzen hinaus – trat C. aber vor allem durch sein mutiges politisches Agieren im Vorfeld der Revolution von 1848/49. Er gehörte als Förderer des liberalen Magdeburger Wochenblattes für Angelegenheiten des bürgerlichen Lebens und als Führungsmitglied der “Bürgerversammlung” – des Zentrums der sich formierenden Vormärzopposition in der Stadt – zu den Protagonisten und Wortführern der liberalen Bewegung, die für mehr politische Mitbestimmung des Bürgertums kämpfte. Als Stadtverordneter erhielt er deshalb am 15.08.1843 bei den Ergänzungswahlen eines der beiden Mandate der Stadt für den Provinziallandtag 1845, in dem er sich vehement für die politischen Rechte des Bürgertums – besonders für die Einführung einer Verfassung – engagierte. Auf dem Vereinigten Landtag 1847 in Berlin zählte C. zu den wenigen städtischen Deputierten der Provinz Sachsen, die den entschlossenen und kämpferischen Kurs der rheinischen Liberalen, zu denen er über Gustav von Mevissen schon im Vorfeld des Landtages in Kontakt stand, unterstützten. Mit dem Selbstbewußtsein der gewachsenen ökonomischen Stärke des Bürgertums verlangte C. konstitutionelle Verhältnisse in Preußen, ohne deren Zusicherung die Sanierung der angeschlagenen Staatsfinanzen verweigert werden sollte. Diese kompromißlose Haltung brachte ihm in Magdeburg im liberalen Lager große Sympathien, im Lager der Reaktion jedoch trotz seiner honorigen Stellung Argwohn und Mißtrauen ein. So scheute sich z. B. der Polizeipräsident Ludwig von Kamptz nicht, C. im Zusammenhang mit der Aufdeckung der Magdeburger Gemeinde des Bundes der Gerechten im Frühjahr 1847 öffentlich in der Magdeburgischen Zeitung der Unterstützung “communistischer Umtriebe” zu bezichtigen. In der Revolution 1848/49 gehörte C. zum gemäßigten liberalen Flügel in der Stadt und wurde als stellvertretender Abgeordneter für das Berliner Parlament gewählt. Nach der Revolution widmete sich C. wie viele Liberale vor allem seinen Geschäften und blieb einer der anerkanntesten und größten Unternehmer der Stadt, was auch seine Wahl in den Aufsichtsrat der ersten Magdeburger Privatbank 1857 widerspiegelte. Ende der 1850er Jahre übersiedelte er nach Dessau.
Bildquelle: *LHASA.
Jürgen Engelmann