Nathusius, Wilhelm
Engelhard von (seit 1861), |
N. wurde als sechstes von acht Kindern des Johann Gottlob N. geboren. Nach abgeschlossener Vorbildung studierte er in Paris und Berlin Chemie. 1843 kaufte N. die Güter Königsborn und Wahlitz, bewirtschaftete beide bis 1888 und verkaufte diese dann, um seinen Lebensabend in Halle zu verbringen. N. war ein vielseitig interessierter, engagierter Landwirt, der die Entwicklung der Landwirtschaft seiner Zeit entscheidend mit beeinflußt hat. In seinen Veröffentlichungen spiegelt sich die Breite seiner anregenden Tätigkeiten, etwa in seinen Berichten über neue Anbauarten (Mais, Topinambur, Lupinen, Futterrüben u. a.), über Guano- und Gründüngung oder Drainage wider. N. besprach neue Geräte und Maschinen, besonders den Betrieb des ersten Dampfpfluges in Preußen auf Königsborn 1863/64 (vorher in Wanzleben!). Er berichtete über seine Erfahrungen in der Tierzucht, insbesondere über schwere Schrittpferde, Milchkühe, Schafe, über Körordnungen und Fütterungsversuche. Die Wolle der Schafe und ihre Eigenschaften behandelte N. grundlegend, auch den Tierseuchen und ihrer Bekämpfung bzw. deren Vorbeugung wandte er sich zu. In seinen “Untersuchungen über nichtzelluläre Organismen, namentlich Krustazeenpanzer, Molluskenschalen und Eihüllen” (1877) bekämpfte er die zeitgenössische Zellentheorie. Bemerkenswert sind seine Bemühungen (mit Hermann v. N.) um Anschauungsmittel für Tierzüchter wie Wandtafeln oder Fotografien. N. trat in vielen Vereinigungen hervor, wie im Verein zur Anschaffung edler Halbblutstuten (1844ff.), im Landwirthschaftlichen Central- Verein der Provinz Sachsen (hier 1844ff.), wo er Mitglied der Wissenschaftlichen Deputation (1850ff.) und der Central- Deputation zur Förderung der Pferdezucht sowie 1869–94 Direktor dieses Vereins war. N. gehörte dem Königlich- preußischischen Landes-Oekonomie-Collegium (1852–78) und seit ihrer Gründung der Deutschen Landwirtschafts- Gesellschaft an, in deren Verwaltungsrat er 1890 tätig war. Seit 1877 stand N. dem Knaben-Rettungshaus in Königsborn vor. 1855–59 gehörte er der Fraktion der Konservativen Partei um Ludwig von Gerlach im Preußischen Abgeordnetenhaus an.
Werke: Tagebuch über die Versuche mit dem Fowlerschen Dampfpflug, in: Zs. des landwirthschaftlichen Central-Vereins der Provinz Sachsen 21, 1864, 1–8, 178–181; Das Wollhaar des Schafes in histologischer und technischer Beziehung, mit vergleichender Berücksichtigung anderer Haare und der Haut, 1865; Wandtafeln für den naturwissenschaftlichen Unterricht (2 Tl.), 1871–73; Die prohibitiven Körordnungen, ihre gesetzliche Zulässigkeit und wirthschaftliche Bedeutung, 1881; Die landwirthschaftlichen Verhältnisse in der Umgegend, in: Fs. für die Theilnehmer der 57. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Magdeburg, 1884; Die Vorgänge der Vererbung bei Haustieren, 1891.
Literatur: BioJb 4, 1900; Meyers Konversations-Lexikon, Bd. 14, 61908, 441f.; Heinrich von Mendel-Steinfels, Fs. des landwirtschaftlichen Central-Vereins der Provinz Sachsen, 1893; Simon v. N., W. v. N. (†), in: Landwirtschaftliche Wochenschrift für die Provinz Sachsen II, 1900, 34; Konrad zu Putlitz/Lothar Meyer (Hg.), Landlexikon, Bd. 4, 1913; Christian Mommsen, Entwicklung der Pferdezucht und des Pferdezucht-Verbandes der Provinz Sachsen. Die bisher wichtigsten Blutlinien des Zuchtbezirkes. Hg. zum 25jährigen Bestehen des Pferdezucht-Verbandes der Provinz Sachsen, 1924; Ludwig Gebhardt, Die Ornithologen Mitteleuropas, 1964, 254.
Bildquelle: Galerie landwirthschaftliche Zeitgenossen, hg. zum Besten der Koppe-Stiftung, 1868.
Heinz Nowak
geändert: 09.06.2004