Faber, Friedrich Gustav Robert,
Dr. jur. |
F., ältester Sohn des Druckereibesitzers und Zeitungsverlegers Alexander F., absolvierte das Domgymnasium in Magdeburg sowie das Gymnasium in Darmstadt und studierte nach dem 1889 abgelegten Abitur Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg/Breisgau, Bonn und Köln. Er promovierte 1893 in Leipzig zum Dr. jur. und lebte anschließend längere Zeit in England. 1894 trat er in das väterliche Geschäft ein, für das er 1896 Prokura erhielt. 1902 übernahm er die Leitung der traditionsreichen Magdeburgischen Zeitung, 1908 die Gesamtleitung des Hauses. Bereits seit 1896 war F. über seinen Vater in die Arbeit des 1894 gegründeten Vereins Deutscher Zeitungs-Verleger (VDZV) involviert, die sein späteres Schaffen entscheidend prägte. F. strebte frühzeitig den Ausbau der Zeitung zu einem breite Schichten erreichenden Presseorgan an. Zu diesem Zweck erweiterte er den Handels- und Sportteil und führte zahlreiche technische und redaktionelle Verbesserungen wie den Druck feingerasterter Bilder und Zweifarben-Druckmaschinen für die Akzidenzdruckerei ein. Ab 1913 erschien eine neue Magdeburgische Zeitung in kleinerem Format mit eigenem Lokalinseratenteil und zudem als dritte Tagesausgabe ein Mittagsblatt, das wegen der Notierung der Wasserstände für die Binnenschiffahrt unentbehrlich für die Magdeburger Wirtschaft war. Der tolerante und weltoffene Verleger trat von 1906 bis 1914 auch als Redakteur mit einer großen Spannbreite behandelter Themen hervor. F. war in seinen Anschauungen zutiefst der nationalliberalen Tradition der Zeitung verpflichtet und richtete diese auch nach der deutschen Niederlage im I. Weltkrieg an der Politik der liberalen Deutschen Volkspartei (DVP) aus. Seine Bemühungen um die Entwicklung des deutschen Zeitungswesens fanden ihren entscheidenden Niederschlag in seiner Arbeit im VDZV, dessen Vorstand er seit 1900 angehörte und zu dessen Vorsitzenden er 1912 gewählt wurde. F., der die Zeitung als eigenständige Kraft mit wirtschaftlichem und politischem Einfluß verstand, suchte ihre Stellung als “Kulturfaktor” für das Volk zu sichern und eine unabhängig von materiellen Interessen und politischen Machtfaktoren bestehende, dem Staat und dem Volkswohl dienende deutsche Presse zu schaffen. Während des I. Weltkrieges widersetzte er sich den zwangswirtschaftlichen Maßnahmen und der propagandistischen Informations- und Nachrichtenpolitik des Militärs und der Regierung, die F. für den Schwund der Glaubwürdigkeit der Zeitungen verantwortlich machte. Konsequent regte er die Schaffung eines objektiven Nachrichten- und Informationsdienstes über auswärtige Angelegenheiten für die deutsche Presse an, der jedoch erst mit Gründung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) 1949 verwirklicht wurde. F. gründete zudem die Reichsarbeitsgemeinschaft der deutschen Presse mit, die 1926 u. a. einen ersten Rahmentarifvertrag für das gesamte Reich verabschieden konnte. Im Spätherbst 1921 legte er das Amt des Vorsitzenden des VDZV aus gesundheitlichen Gründen nieder und wurde zu dessen Ehrenpräsidenten gewählt. F. war Initiator der Nationalspende für die Mission in den deutschen Kolonien, aus der später die Deutsche Evangelische Missionshilfe hervorging – die Magdeburgische Zeitung führte von 1908 bis Anfang der 1920er Jahre mehr als 30 Sammlungen mit einem Erlös von ca. einer Millionen. Mark durch –, und förderte aktiv zahlreiche andere Vereinigungen mit kultureller und wohltätiger Zielsetzung. Nach seinem Tod konnten seine Söhne, zunächst Henning F., ab 1935 Fritz F., trotz wirtschaftlicher Unterwanderung des Hauses durch die Nationalsozialisten und Gleichschaltung der deutschen Presse das Familienerbe fortsetzen, bis das Ende des II. Weltkrieges auch dem traditionsreichen Verlag ein Ende setzte.
Nachlaß: StadtA Magdeburg.
Literatur: NDB 4, 723f.; Wer ist’s? 10, 1935; N. N., Dr. iur. R. F. †, in: Magdeburgische Ztg. vom 19.10.1924 (B); Der Zeitungs-Verlag Nr. 43 vom 24.10.1924 (B); Hdb. der Zeitungswissenschaften Bd. 1, 1940, Sp. 955; Max Hasse, Geschichte des Hauses Fabri-Faber (5 Bde), Ms. o. J. (unveröffentlicht, in Privatbesitz); Heinrich Walter, Zeitung als Aufgabe. 60 Jahre Verein Deutsche Zeitungs-Verleger 1894–1954, 1954, 104–106 (*B); Dieter Strunz, F. G. R. F. (1869–1924), in: Heinz-Dietrich Fischer (Hg.), Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts, 1975, 320–328.
Guido Heinrich