Bernardelli,
Paul, Prof. |
1893–1911 war B. Lehrer an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg. Er unterrichtete zunächst als Hilfslehrer u. a. die Fächer Modellieren, Zeichnen nach Modellen, Anatomie und Freihandzeichnen, ab 1905 auch Schattieren sowie Pflanzen- und Tierzeichnen. 1896 bekam B. eine hauptamtliche Lehrerstelle, wurde aber z.T. aus dem “Fonds für Hilfslehrer” der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule weiterbezahlt. B. unterrichtete auf der Basis des von Moritz Meurer (Kunstgewerbemuseum Berlin) entwickelten “Meurerschen Prinzips”. Es ging von einer sehr abstrahierenden zeichnerischen Erfassung einer Pflanze bzw. ihres Aufbaus aus, um sie aus dieser Sicht künstlerisch zu erfassen. Aus dieser Betrachtungsweise ließen sich Elemente für die Entwicklung von floralen Ornamenten abheben, die gerade um die Jahrhundertwende große Bedeutung (Jugendstil) erlangten. B. übertrug das Meurersche Prinzip auch auf das Tierzeichnen, damit auf die ornamentale Verarbeitung von Tiermotiven und bezog in stärkerem Maße auch die Farbe als Gestaltungsmerkmal ein. Hinsichtlich des Tier- und Pflanzenzeichnens galt B. als einer der besten Kunstpädagogen in Preußen. Bis 1903 organisierte er mehrere Kurse von Meurer an der Magdeburger Kunstgewerbe- und Handwerkerschule, hielt selbst Kurse zu dieser Thematik ab und entwickelte den Meurerschen Ansatz produktiv weiter. B., der 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis für den Entwurf eines Kronleuchters für die Magdeburger Pauluskirche den Grand Prix erhielt, wurde 1910 im Zusammenhang mit der Erweiterung und dem Neubau der Magdeburger Kunstgewerbe- und Handwerkerschule zum Professor ernannt. Er kündigte 1911 sein Amt in Magdeburg, um seinem Freund und Kollegen Emil Thormählen an die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Köln zu folgen, wo er 1911–32 als Lehrer tätig war und die Entwurfsklasse für Malerei, Graphik und ihre Anwendung, plastische Anatomie, Modezeichnen und Zeichnen für wissenschaftliche Zwecke leitete. Mit Thormälen und seinem Freund Ferdinand Nigg baute er hier einen Schulbetrieb nach Magdeburger Vorbild auf und gehörte in der Kölner Werkschule zu den Hauptvertretern der naturalistischen Zeichenrichtung. Nach seiner Pensionierung im September 1932 zog er sich nach Wiesbaden zurück.
Literatur: Saur AKL 14, 491; Rüdiger Joppien, Die Kölner Werkschulen 1920–1933 unter besonderer Berücksichtigung der Ära Richard Riemerschmid (1926–1931), in: Wallraf-Richartz-Jb./Westdeutsch Jb. für Kunstgeschichte 43, 1982, 247–346; Norbert Eisold, Die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg, 1793–1963, 1993; Jahresberichte der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg 1893ff.
Archivalien: Geheimes StA Berlin: Akten der Kunstgewerbe-und Handwerkerschule Magdeburg, Rep. 120, Abt. X, Fach 2, Nr. 18, Bde 4–12; Hist. Archiv Köln: Versorgungsakte P. B., Acc. 269/184.
Gerd Kley
letzte Änderung: 01.02.2005