Nigg, Ferdinand, Prof. |
N. erhielt eine Ausbildung als Lithograph, technischer Zeichner und Autograph bei Orell Füssli in Zürich. Parallel dazu besuchte er die dortige Kunstgewerbeschule. Einer Anstellung bei Orell Füssli (1886–95) folgten seit 1895 Tätigkeiten in München und Augsburg. Von 1898 bis 1903 lebte er in Berlin als freiberuflicher Graphiker, Gestalter und Maler. Seine ersten textilen Arbeiten fallen in diese Zeit. 1903 wurde N. vom damaligen Direktor Emil Thormählen als Fachlehrer für Buchdrucker, Lithographen und Zeichner für Buchgewerbe an die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg berufen. 1904 übernahm er zudem die Textilklasse und baute Werkstätten für Handweberei und Stickerei auf. Sein in Magdeburg entwickelter, experimenteller, auf Werk- und Materialgerechtigkeit zielender Unterricht galt als vorbildlich an den preußischen Kunstgewerbeschulen. In seinem eigenen Werk gelang ihm in diesen Jahren die Ablösung vom Jugendstil und die Entwicklung des eigenen künstlerischen Werkes zu erster Reife. Es kam zu Bekanntschaften mit Hermann Muthesius, Peter Jessen und Peter Behrens. 1912 folgte er Thormählen und Paul Bernardelli an die Kunstgewerbeschule Köln, wo er u. a. eine Fachklasse für Paramentik aufbaute und bis zu seiner Pensionierung 1931 leitete. Für den von Muthesius gestalteten Ruheraum im Gebäude der Farbenschau auf der Werkbundausstellung 1914 in Köln entwarf N. die Textilien. Seine eigene künstlerische Arbeit jedoch schottete er seit der Kölner Zeit bald völlig von jeder Öffentlichkeit ab. N. war einer der wichtigen Vertreter der vom Deutschen Werkbund getragenen kunstgewerblichen Reformbewegung in Deutschland vor dem I. Weltkrieg. Trotz moderner, konstruktivistischer, von den Erfordernissen industrieller Produktion angeregter Gestaltungen blieb N. zeitlebens dem Handwerk verpflichtet. Auf der Basis der für seine Arbeit wieder entdeckten Technik des Kreuzstiches entstand ein Werk, das zu den bedeutendsten der Textilkunst des 20. Jahrhunderts gerechnet werden muß.
Werke: Der große Georgs-Teppich, Stickerei (Sammlung Land Liechtenstein); Verkündigung, Stickerei (Kanonikus Anton Frommelt Stiftung, Vaduz); Die Jagd um das Einhorn, Mischtechnik auf Papier (Prof. F. N. Stiftung, Schaan).
Nachlaß: Kanonikus Anton Frommelt Stiftung, Vaduz; Prof. F. N. Stiftung, Schaan.
Literatur: F. N. (mit einem Text von Anton Frommelt), 1965; Evi Kliemand, F. N. Wegzeichen zur Moderne. Bildteppiche, Malerei, Graphik, Paramentik, 1985 (W); F. N. (Ausstellung Dom zu Magdeburg und St. Nikolai Leipzig), 1990; Evi Kliemand, F. N. (1865–1949). Ein Moderner zwischen Werkbund und Mystik, 1999.
Bildquelle: *Kanonikus Anton Frommelt Stiftung, Vaduz.
Norbert Eisold
geändert: 09.06.2004