Heinrichshofen, Adalbert
geb. 18.06.1859 Magdeburg,
gest. 23.10.1932 Magdeburg,
Buch-, Kunst- und Musikalienhändler, Musikverleger.

Der Sohn des Buch- und Musikalienhändlers Theodor H. wuchs im kunst- und musikliebenden Elternhaus auf, besuchte die Schule in Magdeburg und absolvierte eine Ausbildung zum Buch- und Musikalienhändler in der Universitätsbuchhandlung Spielhagen in Göttingen und in der befreundeten Musikalienhandlung Bote & Bock in Berlin. Anfang der 1880er Jahre nahm H., dessen musikalische Begabung frühzeitig gefördert worden war, Musikunterricht (Klavier) bei Franz Liszt in Weimar. Anschließend kehrte er nach Magdeburg zurück und trat 1884 als Mitinhaber in das Geschäft seines Vaters ein. Unter H.s Leitung erfolgte die Umgestaltung des Unternehmens.1890 bezog die Firma einen großen Neubau, der auch eine Pianoforte- Handlung mit Exklusiv-Vertretungen der Firmen J. Blüthner, Leipzig, sowie Steinway & Sons, New York, beherbergte. Ab diesem Zeitpunkt kooperierte der Musikverlag auch mit der renommierten Druckerei von C. G. Roeder in Leipzig, da die eigenen Druckkapazitäten nicht mehr ausreichten. Der begeisterte Kunstkenner und -sammler H. baute die Kunsthandlung und Gemäldegalerie bedeutend aus, die jetzt ständige Ausstellungen zeigen konnte. Die Konzertagentur H. war die führende in der Stadt. Um sich intensiver der Verlagstätigkeit zuwenden zu können, nahm er 1890 mit Hermann Bach einen Teilhaber in die Firma auf, der bis Ende 1909 dem Sortiment vorstand. Insbesondere nach der Jahrhundertwende widmete sich H. dem raschen Ausbau des Musikverlages. Das Verlagsprogramm wurde durch Eingliederung alter Musikverlagsunternehmen erheblich vertieft und erweitert, so daß der Verlag aus der überwiegend lokalen Bedeutung heraustreten und sich zu einem international bekannten Unternehmen entwickeln konnte. 1901 übernahm H. den Berliner Verlag Max Schimmel, 1902 den namhaften Verlag des Berliner Königlichen Hof-, Buch- und Musikalienhändlers Max Bahn, der zum Zeitpunkt der Übernahme mehr als 10.000 Verlagswerke publiziert und sich um die Förderung der Musikwissenschaften verdient gemacht hatte. 1905 wurde der Stuttgarter Chorverlag Luckhardt’s Verlag (R. Leberecht) angegliedert und in der Folge auch der Verlag von Vokalmusik bedeutend erweitert. 1912 gab die Übernahme des umfangreichen Programms von Albert Rathke in Magdeburg den entscheidenden Anstoß zum Ausbau der Unterrichtsmusik. Auf Anregung H.s entstand die von Theodor Wiehmayer eingerichtete vielbändige “Neue instructive Ausgabe für Pianoforte” der gesamten klassischen Klaviermusik, die bei Weltaustellungen mehrere Goldmedaillen errang. Trotz des Einbruchs im Exportgeschäft nach 1914 konnte H. wichtige neue Autorenverbindungen herstellen, u. a. mit Ferruccio Busoni, Max Bruch, Engelbert Humperdinck, Hugo Kaun und Walter Niemann. 1924 teilte H. das Unternehmen und übergab seinem Sohn Adalbert Heinrich Theodor H. Buch- und Musikalienhandlung, Leihinstitut, Kunsthandlung und Gemäldegalerie, um selbst den Musikverlag als eigenständiges Unternehmen weiterzuführen. H. schuf die “Preis-Kino-Bibliothek”, eine aus der Stummfilmzeit nicht wegzudenkende Standardreihe von Film-Synchronisationswerken, und übernahm 1927 die Maestosa-Reihe des Drei Masken Verlags, eine Sammlung klassischer Orchesterwerke. Auch das traditionell umfangreiche Verlagsprogramm mit Unterhaltungsmusik (u. a. Nico Dostal, Leon Jessel und Hans Löhr) wurde weiter bereichert und der sinfonische Jazz etabliert. Bis 1930 wurden ca. 14.000 Verlagswerke ediert, hauptsächlich Lieder, geistliche und weltliche Chöre, Orchester- und Lautenmusik, musiktheoretische Unterrichtswerke und zahlreiche Werke der Unterhaltungsmusik. Nach seinem Tod ging der Musikverlag auf seinen Enkel Otto Heinrich Noetzel über, der ihn nach dem Ende des Krieges in Wilhelmshaven weiterführte.

Literatur: MGG 6, Sp. 77f.; Hobohm, Bd. 1, 555–567; Georg Müller (Hg.), Der Sächsisch-Thüringische Buchhändler-Verband 1883–1933, 1933, 86f.; H. 1797–1937, 1937; Katharina Noetzel, Labore et patientia. Ein Beitrag über 160 Jahre des Werdens und Seins der Firma Heinrichshofen’s Verlag & Druckerei für den Freundeskreis des Hauses erzählt, 1957; Richard Schaal (Hg.), Musiktitel aus fünf Jahrhunderten. Sonderdruck zum 175jährigen Bestehen des Hauses H. 1797–1972, 1972 (*B); Tobias Widmaier: Der deutsche Musikalienleihhandel, 1998, 107, 140, 157, u.ö.

Guido Heinrich