Heinrichshofen, Adalbert Heinrich Theodor
geb. 16.05.1886 Magdeburg,
gest. 19.09.1931 Magdeburg,
Buch-, Kunst- und Musikalienhändler.

Der Sohn des Musikverlegers Adalbert H. wählte nach absolvierter Schule in Magdeburg die aktive Offizierslaufbahn, wurde als Kampfflieger im I. Weltkrieg zweimal verwundet und erhielt hohe militärische Auszeichnungen. Nach dem Ende des Krieges schied er aus dem aktiven Dienst aus und kehrte nach einer Ausbildung zum Musikalienhändler in den Firmen P. J. Tonger in Köln und C. A. Klemm in Leipzig nach Magdeburg zurück, wo er 1920 in das Geschäft seines Vaters eintrat und das Sortiment der Firma übernahm. Den neuen Bedürfnissen, insbesondere den schulreformerischen Entwicklungen der Zeit Rechnung tragend, wurde unter H.s Leitung im Herbst 1921 eine eigene Lehrmittelabteilung gegründet. Noch im selben Jahr fand eine große H.-Lehrmittel-Ausstellung in den Räumen der Diesterwegschule statt. 1922 gliederte H. dem Unternehmen eine Sprechmaschinenabteilung an. Im selben Jahr wurde das Stammhaus der Firma umgebaut. Nach Entwürfen von Bruno Taut entstand in der Schöneeckstraße 12/13 ein neuer Piano- und Flügelsaal, der später auch dem Rundfunk-, Radio- und Schallplattenverkauf diente. Nach Abschluß des umfangreichen Umbaus wurde 1923 im obersten Stock des Hauptgebäudes der Firma der erste Magdeburger Rundfunksender installiert, der mit 500 Watt Leistung auf der Mittelwelle Unterhaltungsprogramme unter Mitwirkung bekannter Künstler ausstrahlte. Der Sendebetrieb mußte nach Lizenzstreitigkeiten zwischen der Nord- und Mitteldeutschen Rundfunk AG bereits 1925 wieder eingestellt werden. 1924 übernahm H. nach der Abtrennung des Musikverlages auch die Leitung des Buch- und Musikalienhandels, des Musikalienleihinstituts, der Konzertagentur, der Kunstabteilung und Gemäldegalerie, gliederte dem Geschäft 1925 eine Rundfunkhandlung an und führte es zu erneuter wirtschaftlich Blüte. Nach seinem plötzlichen Tod führte seine Ehefrau das Unternehmen mit großem Engagement weiter. Wenige Monate nach der Zerstörung des Geschäftshauses am Breiten Weg durch alliierte Bombenangriffe am 16.01.1945 konnte die Firma in mehreren behelfsmäßigen Räumen ihre Arbeit wieder aufnehmen. 1946 beschäftigte das Unternehmen bereits wieder ca. 30 Mitarbeiter, u. a. in einem Ausweichbetrieb in Elbingerode (Leihbücherei, 1946/47). Die Buchhandlung H. bestand als privates Unternehmen, zuletzt mit staatlicher Beteiligung und seit 1958 unter der Leitung Ernst-Ludwig H.s, bis 1961, der in diesem Jahr aufgrund der zunehmend schwieriger werdenden Arbeitsbedingungen mit seiner Familie die DDR verließ.

Literatur: MGG 6, Sp. 77f.; Hobohm, Bd. 1, 555–567; Georg Müller (Hg.), Der Sächsisch-Thüringische Buchhändler-Verband 1883–1933, 1933, 87; H. 1797–1937, 1937; Richard Schaal (Hg.), Musiktitel aus fünf Jahrhunderten. Sonderdruck zum 175jährigen Bestehen des Hauses Heinrichshofen 1797–1972, 1972.

Guido Heinrich