Müller, August Eberhard (Eberhart)
geb. 13.12.1767 Northeim bei Hannover,
gest. 03.12.1817 Weimar,
Dirigent, Komponist, Pianist, Flötist, Musikpädagoge.

Der Sohn des Northeimer Sixtusorganisten Matthäus M. wuchs in Rinteln auf. Er erhielt Unterricht im Klavier- und Orgelspiel zunächst beim Vater, später bei Johann Christoph Friedrich Bach in Bückeburg (auch Harmonie- und Kompositionslehre). Nach Abschluß des Gymnasiums gab der Pianist und Flötist (Autodidakt) Unterricht und konzertierte. Nach einem abgebrochenen Jurastudium an der Universität Göttingen 1786 und anschließenden Konzertreisen durch Norddeutschland übernahm er 1789 von Johann Georg Rabert, dessen Tochter Elisabeth Catharina er 1788 geheiratet hatte und die später in Leipzig als Interpretin von Mozart-Konzerten hervortrat, die Stelle des Ulrichsorganisten in Magdeburg. 1793 lobte man den anerkannten Organisten, der inzwischen zum Musikdirektor ernannt worden war, in der Berliner Musikalischen Zeitung nicht nur “als überaus fertigen und gründlichen Clavier- und Orgelspieler … sondern auch als einen Komponisten, der theils schon jetzt unerwartet viel leistet, theils für die Zukunft noch weit mehr verspricht”. Ab November 1794 leitete er die von  Christian Friedrich Schewe initiierten Logenkonzerte in Magdeburg. In M.s Konzerten erklangen mehrere Werke Mozarts erstmals in Magdeburg, so die Ouvertüre der “Zauberflöte” (1793) und das “Requiem” (Gastspiel 1798). 1794 wurde M. Nicolaiorganist in Leipzig und wirkte 1794–1802 als Flötist im Gewandhausorchester. Ab 1800 war er Assistent des Thomaskantors Johann Adam Hiller, 1804 folgte er diesem im Amte nach. 1800 ging er als Großherzoglicher Hofkapellmeister nach Weimar, wurde Musikdirektor der Stadtkirche sowie Lehrer am Gymnasium und am Lehrerseminar. M. war ein geschätzter Klavierpädagoge (Schüler: Großherzogin Maria Pawlowa, Friedrich Ernst Fesca, Friedrich Schneider, Friedrich Wilhelm Aghte), beteiligte sich aktiv an den Gesamtausgaben der Werke Mozarts und Haydns und begründete die Leipziger Bach- Renaissance. M.s Klavierwerk ist zunächst stark an Mozart orientiert, spätere Kompositionen weisen schon auf die Lisztsche Spieltechnik voraus. Hervorzuheben ist seine Kammermusik, insbesondere Kompositionen mit Flöte. Sein geistliches Werk wurde hoch geschätzt (Allgemeine Musikzeitung IV, 1801/02, 233), seine Lieder sind im volkstümlichen Stil gehalten. M.s Werk, das von “Mozart-Verehrung, Kenntnis des strengen Stils und Erfahrung mit den Genres der Virtuosenmusik” geprägt ist (Markus Frei-Hauenschild), war bis in die 1850er Jahre beliebt. Beethoven und Goethe bekundeten ihre Wertschätzung für M.

Werke: geistliche Kantaten; Te Deum; 112. Psalm; Flötenkonzerte; Klavierkonzerte op. 1 und op. 21; Klaviersonaten, Caprices für Klavier, Klaviervariationen; 12 Lieder, 1796; Slg. von Orgelstücken, 1798; Flötenduette, Grande Sonate op. 17, 1800; op. 38, ca. 1814, Theme favorit de W. A. Mozart varié, 1801; Der Polterabend. Singspiel, 1813/14; Grande fantaisie für Flöte und Orchester op. 19, ca. 1818. – Lehrwerke: Anweisung zum genauen Vortrage der Mozartschen Clavier-Concerte (1796); Kleines Elementarbuch für Klavierspieler, ca. 1807; Klavier- und Fortepianoschule, 1808 (nach Georg Simon Löhleins Klavierschule von 1765); Elementarbuch für Flötenspieler, ca. 1815; Cadenzen zu den 8 vorzüglichsten Clavier-Concerten von W. A. Mozart.

Literatur: NDB 18, 348; MGG 9, 850–852 (W, B); New Grove 12, 768f. (W); Hobohm, Bd. 1, 260f.; Willibald Nagel, Zur Lebensgeschichte A. E. M.s, in: Die Musik 9, 1909/10, H. 4, 84–92; Günther Haupt, A. E. M.s Leben und Klavierwerke, Diss. Leipzig 1926; Hans Engel, Die Entwicklung des deutschen Klavierkonzertes von Mozart bis Liszt, 1927; Nathan Broder, the First Guide to Mozart, in: Musical Quarterly 1956, 223–29.

Bildquelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig.

Ralph-J. Reipsch