Hänel
(Haenel),
Eduard Gustav |
Der Sohn des Druckereibesitzers und Hofbuchdruckers Christian Jacob H. erlernte im väterlichen Betrieb das Druckerhandwerk und sammelte bei anschließenden Aufenthalten in England und Frankreich wertvolle berufliche Erfahrungen. In London erhielt er eine Ausbildung als Typograph und Kupferstecher und arbeitete anschließend als Schriftgießer in der Werkstatt des namhaften Druckers und Schriftgießers Firmin Didot in Paris. Als 1824, kurze Zeit nach seiner Rückkehr nach Magdeburg, sein Vater starb, übernahm H. die Druckerei, die 1731 durch den Buchdrucker Nicolaus Günther nach Übernahme der Königlichen Regierungs-Druckerei in Magdeburg begründet worden und 1798 in den Besitz seines Vaters gelangt war, und führte sie unter dem Namen Hänelsche Hofbuchdruckerei für eigene Rechnung weiter. H. hatte bei seinem Aufenthalt in England auch die 1820–22 von William Congreve entwickelte Schnellpresse kennengelernt, mit deren Hilfe in einem Arbeitsgang zwei Farben gedruckt werden konnten. Er erkannte als erster deutscher Drucker den Wert dieser technischen Neuerung, erwarb das Patent für dieses Verfahren und führte die erste Congreve-Presse aus England nach Deutschland ein, die 1827 im Magdeburger Druckhaus aufgestellt wurde. Durch den Congreve-Druck rückte die Firma in die Reihe der namhaftesten deutschen Druckereien auf. Der Kunst-, Illustrations- und Mehrfarbendruck wurde eine Spezialität des Hauses und fand weithin Beachtung. H. stellte vor allem farbige Drucksachen für Handel, Banken, Versicherungen, Behörden und Verwaltungen her, führte Druckaufträge für zahlreiche Verlage, u. a. für Wilhelm von Heinrichshofen, aus und betrieb wenig später auch den Wertpapier- und Kassenscheindruck. Sein hervorragender Ruf in diesem Gewerbe führte H. 1835 nach Berlin, wo er den Auftrag erhielt, die preußischen Kassenanweisungen zu drucken. Kurz darauf gründete er einen Filialbetrieb in Berlin. Bereits 1830 erweiterte der vielseitig ausgebildete H. das Magdeburger Unternehmen um eine Schriftgießerei, die in der Folge hochwertige Schriften und typographisches Schmuckwerk (Einfassungen, Vignetten etc.) in einer solchen Menge herstellte, daß damit auch zahlreiche andere Druckereien beliefert werden konnten. Die von der Hänelschen Hofbuchdruckerei herausgegebenen Schriftproben wirkten auf die typographische Entwicklung von Druckwerken in hohem Maße geschmackbildend und anregend. H. führte zudem die schönsten französischen und englischen Antiquaschriften ein, ließ sich zahlreiche neue Zier- und Auszeichnungsschriften schneiden, wobei er die fetten Schriften als Auszeichnungsschriften in Deutschland etablierte, und erwarb die besten Matern aus dem Ausland. 1837 verfügte die Druckerei über einen Bestand von 2.813 verschiedenen Zierstücken. Nach einem Brand in der Magdeburger Druckerei 1839 widmete H. sich verstärkt dem Ausbau des Berliner Geschäfts, siedelte später ganz nach Berlin um und überließ seinem 1834 als Teilhaber in die Firma eingetretenen Bruder Albert H. ab 1841 die alleinige Leitung der Magdeburger Unternehmung. Auch in seinem neuen Wirkungskreis erwarb sich H. große Verdienste bei der Einführung und Anwendung technischer Neuerungen. So fanden seine Guillochen- und Unterdruckplatten in Fachkreisen höchste Anerkennung. 1844 brachte H. als erster deutscher Drucker die von David Bruce in New York Anfang der 1840er Jahre entwickelte Schriftgießmaschine nach Europa, räumte deren Erfinder, dem Dänen Laurits Brandt, eine Werkstatt in seinem Unternehmen ein, kaufte diesem bald darauf seine Erfindung ab und nahm für den preußischen Staat sowie über die Firma Haases Söhne in Prag auch für Österreich ein Patent darauf. Während H. das Berliner Unternehmen bereits 1852 an Carl David veräußerte, wurde die Magdeburger Druckerei von seinem Bruder, später von dessen Söhnen und Enkeln bis 1945 in H.s Sinne weitergeführt und zählte zu den namhaften Magdeburger Qualitätsdruckereien.
Literatur: Paul Heichen (Hg.), Taschen-Lexikon der hervorragenden Buchdrucker und Buchhändler, 1884; Oskar Friese, Ein Rückblick. Anläßlich des 25jährigen Bestehens der Innung des Buchdruckergewerbes in Magdeburg am 1. Februar 1925, 1925, 21; 200 Jahre Hänelsche Buchdruckerei G.m.b.H. Magdeburg 1731–1931, 1931.
Guido Heinrich
letzte Änderung: 02.02.2005