Boecklen, Eberhard
geb. 18.01.1853 Eßlingen am Neckar,
gest. 27.09.1928 Gräfelfing,
Oberingenieur, Lafettenkonstrukteur.

Der Sohn des Apothekers Eberhard B. wählte nach Abschluß des Gymnasiums eine technische Laufbahn, trat nach einem Studium 1878 in die Fried. Krupp AG in Essen als Konstrukteur in das Kanonenressort, Lafettenkonstruktion, ein und übernahm später dessen Leitung. Mit der Übernahme des Grusonwerkes Magdeburg durch die Fried. Krupp AG wechselte B. nach Magdeburg, leitete hier von 1897 bis 1918 das Kanonenressort I (Lafetten) als Abteilungsvorsteher unter Joseph Lenné und schied nach 40jähriger Tätigkeit bei den Kruppwerken aus. B. wirkte in einer Zeit des Umbruchs der Waffentechnik, der vor allem die Einführung von rauchschwachen brisanteren Sprengstoffen, kleinkalibrigen Handfeuerwaffen und Mantelgeschossen, nahtlosen Rohres für große und kleine Kaliber sowie die ersten Versuche zum Rohrrücklaufgeschütz betraf. Beim Abfeuern der Feldgeschütze versuchte man bisher, die Reaktion der “lebendigen Kraft” (Rückstoß) durch eine Bewegung auf oder mit der Lafette, einen sich eingrabenden Lafettenschwanz oder mittels Federspornlafetten abzufangen. Diese Geschütze vollführten jedoch nach dem Schuß teilweise unkontrollierte Sprünge und mußten neu eingerichtet werden, wobei ihre Feuergeschwindigkeit erheblich sank. Conrad Hausner war bereits im Kruppwerk Essen unter B. als Geschützkonstrukteur tätig und verfaßte 1888 in B.s Abteilung Lafettenbau eine Denkschrift zum Bremsen des Rohres beim Geschütz. Diese Idee setze Hausner als Zivilingenieur konstruktiv um und baute und erprobte 1892 beim für technische Neuerungen aufgeschlossenen Hermann Gruson im Grusonwerk Magdeburg das erste Rohrrücklaufgeschütz (Modell im Zeughaus Berlin). Die ersten Versuche schlugen erwartungsgemäß fehl, die neuen wissenschaftlich-technischen Zusammenhänge waren den militärtechnischen Entscheidungsträgern unklar, und nicht zuletzt der Standpunkt Krupps zum massiven Blockgeschütz beendete mit seiner Übernahme des Grusonwerkes Magdeburg 1893 diese Entwicklung. Nach langen kostenintensiven Versuchen konnte der Maschinenbauingenieur Heinrich Erhardt, der ein Geschütz als Explosionsmotor abstrahierte, in Deutschland dieses Problem 1896 lösen; er lieferte 1900 die ersten Geschütze dieser Art nach England. Trotz der komplizierten Umbruchsituation innerhalb der Rüstungsindustrie erwarb sich B. in der Fried. Krupp Grusonwerk AG. Magdeburg bleibende Verdienste und bestimmte maßgeblich die Entwicklung der Lafetten, insbesondere schwerer Küstenlafetten und auch Küstenhebezeuge, sowie von Eisenbahntransportwagen und schweren Geschützrohren mit.

Literatur:  Heinrich Erhardt, Hammerschläge. 70 Jahre deutsche Arbeiter und Erfinder, 1922 (Repr. 1997); Ehrung der Jubilare des KGW zur 75 Jahrfeier des Krupp/Grusonwerks Magdeburg, in: Nach der Schicht, Juli 1930; Eckart Kehr, Der Primat der Innenpolitik. Gesammelte Aufsätze zur preußisch-deutschen Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, 1965. 

Archivalien: LHASA: SA Rep. I 409; Grusonwerk Magdeburg Buckau, Telegramm-Schlüssel, Theil I für Kriegsmaterial, Pulvermaschinen und Ausrüstungen, Mai 1892 (Archiv der Fried. Krupp AG Essen: S2 Gru 16/1); Fried. Krupp AG Magdeburg-Buckau. Als Erinnerungschrift gewidmet, 1903 (Archiv der Fried. Krupp AG Essen: S2 Gru 1/2);  Archiv der Fried. Krupp AG Essen: WA Xa 3,117, 42.

Werner Hohaus

letzte Änderung: 01.02.2005