Karsen, Fritz, Dr. phil.
geb. 11.11.1885 Breslau,
gest. 25.08.1951 Guayaquil (Ekuador),
Schulreformer, Hochschullehrer.

K. studierte Germanistik, Anglistik, Philosophie und Indologie in Breslau, promovierte 1908 und legte 1909/10 das Staatsexamen für das höhere Lehramt in Deutsch, Englisch, Französisch, Philosophie und Turnen ab. 1911/12 war K. Lehrer in Liegnitz, 1912–18 Oberlehrer an der Realschule in Magdeburg, und wechselte dann nach Berlin-Tempelhof. K. war Mitgründer und führendes Mitglied des Bundes entschiedener Schulreformer, den er später nach Kontroversen verließ. 1920/21 Hilfwissenschaftler im Referat Versuchsschulen des Preußischen Kultusministeriums, besuchte er mehrfach Reformschulen in Magdeburg und war ab 1921 als Oberstudiendirektor an der späteren Karl-Marx-Schule in Berlin-Neukölln tätig. Ziel seiner schulreformerischen Bemühungen war eine “Einheitsschule” für alle sozialen Schichten und Altersstufen als Lebens- und Produktionsschule mit weitgehenden Rechten der Schüler, die in Berlin-Neukölln als “soziale Arbeitsschule” realisiert wurde. Die dem Berliner Schulenkomplex 1927 angeschlossene Volksschule wurde vom ehemaligen Magdeburger Rektor Karl Linke geleitet. 1928 entstand in Kooperation mit dem Architekten Bruno Taut der Plan für die Gesamtschule Dammweg. Als mittlerweile einflußreicher, sozialdemokratisch engagierter Schulreformer setzte sich K. 1928 z. B. mit dem Konzept der Buckauer Versuchsschule auseinander und erfuhr wegen seines politischen Engagements Ablehnung der liberalen Magdeburger “Otto-Reformer”. 1933 wegen politischer Unzuverlässigkeit beurlaubt, emigrierte K. in die Schweiz und gründete ein Jahr später eine Schule für Auslandskinder in Paris. 1936 wurde er von der kolumbianischen Regierung als Bildungs- und Erziehungsberater nach Bogotá berufen, wanderte 1938 in die USA ein und arbeitete an mehreren Colleges als Instructor in Education. 1946 wurde K. leitender Bildungsbeamter der US-Militärregierung in Berlin, nahm 1948–51 verschiedene Lehraufträge in den USA wahr und verstarb 1951 als Leiter einer UNESCO-Mission in Ekuador.

Werke: Die Schule der werdenden Gesellschaft, 1921; Deutsche Versuchsschulen der Gegenwart und ihre Probleme, 1923; (Hg.) Die neuen Schulen in Deutschland, 1924; Deutsche Versuchsschulen, in: Die neuzeitliche deutsche Volksschule, hg. von der Kongreßleitung, 1928, 287–298; (Hg.) Aufbau. Erziehungswissenschaftliche Zs., Bund der freien Schulgesellschaften Deutschlands.

Literatur: NDB 11, 300f.; Bio Hdb Emigr 1, 1980; Gerd Radde, Fs. für F. K., 1966 (*B); ders., F. K. Ein Berliner Schulreformer der Weimarer Zeit, 1973, 21999 (B); Reinhard Bergner, Die Berthold-Otto-Schulen in Magdeburg, 1999, 90–95, 211–213.

Reinhard Bergner