Spielhagen, Friedrich
geb. 24.02.1829 Magdeburg,
gest. 25.02.1911 Berlin,
Schriftsteller, Herausgeber, Übersetzer.

S. wuchs in Magdeburg und nach der Versetzung des Vaters, eines Regierungs- und Baurats, ab 1835 in Stralsund auf. Er studierte 1847–1854 zunächst Jura, später Philosophie und Philologie in Berlin, Bonn und Greifswald. Nach seinem 1855 endgültig gescheiterten Versuch, unter Johann Springer in Magdeburg Schauspieler zu werden, war S. u. a. in Leipzig und Hannover als Lehrer und Redakteur tätig. Nach der Übersiedelung nach Berlin 1862 war er freiberuflicher Schriftsteller, 1878–84 Herausgeber der einflußreichen Westermanns illustrierten deutschen Monatshefte, die Erstausgaben von  Theodor Fontane und Theodor Storm veröffentlichten, und Renommierautor der Gartenlaube. Seine Erfolge fielen in die Zeit der Kommerzialisierung der Erzählprosa durch die Familienzeitschriften. S.s Werke wurden vom Bildungsbürgertum als Entwicklungsgeschichte der Zeit und der Nation gelesen; der junge Friedrich Nietzsche stellte sie neben Goethes Prosa, für Fontane war S. “neben Auerbach der angesehenste deutsche Schriftsteller der Gegenwart”. S. verarbeitete in seinen Romanen die Erfahrungen der 1848er Revolution (“Problematische Naturen”, 1861), die Niederlagen und Hoffnungen der Restaurationsphase (“In Reih und Glied”, 1866, ein Kryptogramm der Biographie Ferdinand Lassalles), der Gründerzeit (“Sturmflut”, 1877). Daneben entstanden Dramen, lyrische und theoretische Texte, Übersetzungen sowie die Autobiographie “Finder und Erfinder” (1890, Auswahl u.d.T. “Erinnerungen aus meinem Leben”, 1911), die eine liebevolle Schilderung der Kindheit in Magdeburg enthält. Die Kritik der Wirklichkeit verbindet S. mit dem Festhalten an einem Goethe-zentrierten liberaldemokratischen Humanitätskonzept und dem Versuch, beides zu versöhnen; solche Harmonisierung wirkt häufig konstruiert und typisierend. Dennoch trug S. mit seiner Forderung nach Ausschaltung des Erzählers zur Vorbereitung naturalistischer Erzählpraxis bei und begrüßte Autoren der Moderne wie Gerhart Hauptmann.

Werke: s.o; Durch Nacht zum Licht, 1862; Die von Hohenstein, 1864; Hammer und Amboß, 1869; Beiträge zur Theorie und Technik des Romans, 1883; Neue Beiträge zur Theorie und Technik der Epik und Dramatik, 1898; Sämtliche Romane (29 Bde), 1895–1904; Zum Zeitvertreib, 1897.

Nachlaß: StadtA Magdeburg: Rep. 12A.

Literatur: Mitteldt Leb 2, 383–389 (*B); Killy 11, 106f.; Dt. Zeitgenossen-Lexikon, 1905; Wer ist’s, 41909; Victor Klemperer, Die Zeitromane S.s und ihre Wurzeln, 1913; Leo Löwenthal, F. S. – der bürgerliche Individualismus, in: ders. (Hg.), Das bürgerliche Bewußtsein in der Literatur, 1981, 364–396; Andrea Fischbacher-Bosshardt, Anfänge der modernen Erzählkunst. Untersuchungen zu F. S.s theoretischem und literarischem Werk, 1988; Henrike Lamers, Held oder Welt? Zum Romanwerk F. S.s, 1991.

Gunter Schandera

letzte Änderung: 30.03.2004