Schneider, Karl
Fritz Ludwig |
S., Sohn eines Studienrates, besuchte in seiner Heimatstadt das Gymnasium. Nach fast dreijähriger Internierung durch die sowjetische Besatzungsmacht im Konzentrationslager Buchenwald (Rehabilitierung 1996) arbeitete er von 1948 bis 1951 in Altenburg in einer Buchdruckerei und anschließend zwei Jahre bei der Deutschen Volksbühne Thüringen. 1953–61 war er am Theater Rudolstadt tätig, zunächst im Anrechtsbereich, dann als Chefdramaturg, ab 1958 als Intendant. Von 1961 bis 1965 leitete er das Theater der Stadt Plauen. In diesen Jahren begann S. auch als Regisseur zu arbeiten. 1965 ging er als Dozent für Schauspieltheorie und -praxis an die Theaterhochschule “Hans Otto” in Leipzig. 1968 wurde er zum Intendanten des Landestheaters Dessau berufen. Während dieser Zeit setzte er seine Tätigkeit an der Theaterhochschule fort. 1973 übernahm S. als Nachfolger von Hans-Diether Meves die Generalintendanz der Bühnen der Stadt Magdeburg und leitete dieses Haus bis zu seiner Abberufung 1991. Er führte seine Hochschularbeit fort und leitete in Magdeburg das Schauspielstudio der Hochschule. S., der über langjährige praktische Theatererfahrung als Intendant und Regisseur verfügte, war ein Vertreter des Ensembletheaters und des dreispartigen Stadttheaters. Er setzte auf Traditionelles und Modernes, sowohl im Schauspiel als auch im Musiktheater. Während seiner Intendanz standen die deutschen und russischen Klassiker ebenso auf dem Spielplan wie zeitgenössische Autoren des In- und Auslandes. Besondere Aufmerksamkeit galt der Pflege der Volkstheatertraditionen (de Vega, Goldoni, Moliere, Horváth, Nestroy). Inszeniert wurden Stücke von Arnold Wesker (“Chips with everything”, DDR-Erstaufführung), Peter Shaffer (“Equus”, DDR-Erstaufführung), Dürrenmatt, Fo, O’Casey und Dale Wasserman (“Einer flog übers Kuckucksnest”). Telemann, Mozart, Verdi, Puccini, Bizet (“Die Perlenfischer”, DDR-Erstaufführung), Richard Wagner, aber auch Udo Zimmermann, Wolfgang Hohensee oder Jan Fischer gehörten zu den Komponisten. 1988 begann mit der Premiere von “Das Rheingold” die Inszenierung von Wagners “Ring des Nibelungen” – ein ehrgeiziges Unternehmen, dem viel Lob beschert war. Vor der Premiere der “Götterdämmerung” zerstörte 1990 ein verheerendes Feuer das Theatergebäude am Universitätsplatz. S. hat auch in Magdeburg als Opern- und Schauspielregisseur gearbeitet. Zu den DDR-Erstaufführungen gehörten u. a. die zeitgenössische Oper “Copernicus” des tschechischen Komponisten Jan Fischer und Schostakowitschs “Katerina Ismailowa”. Im Schauspiel sind “Gespräche mit dem Henker” von Kazimierz Moczarski (DDR-Erstaufführung), “Der große Friedrich” von Adolf Nowaczyñski (DDR-Erstaufführung), Heinar Kipphardts “Gespräche mit dem Henker”, “Pygmalion” von Shaw, “Maria Magdalena” von Hebbel oder “Maria Stuart” von Schiller zu nennen. Seine letzte Inszenierung war “Ein Volksfeind” von Ibsen. S. setzte sich für die Zusammenarbeit mit dem Moskauer Jermolowa-Theater und dem Theater Donezk ein. In den 1980er Jahren gab es zahlreiche Begegnungen der Ensembles und den Austausch von Regisseuren und Inszenierungen. “Am Format des Theatermannes, der ein Schiller-Stück so gut lesen kann wie eine Puccini- Partitur, einen Operettenbonvivant mit demselben Sachverstand beurteilt wie eine Jahresbilanz, will … kaum einer deuteln” (Krusche, 1995, 246). “Mit großem persönlichen Engagement, fundierter Sach- und Fachkenntnis und künstlerischem Gefühl für das Machbare hat er als Theaterleiter, Lehrer und anerkannter Regisseur ganz wesentlich zur Profilierung des Theaters … beigetragen. Die künstlerischen Leistungen der Bühnen der Stadt Magdeburg haben damit nicht nur das kulturelle Leben unserer Heimatstadt bereichert, sondern fanden auch immer wieder Beachtung und Anerkennung im nationalen und inter- nationalen Rahmen” (Kondolenzschreiben des Oberbürgermeisters).
Literatur: Friedemann Krusche, Theater in Magdeburg, Bd. 2, 1995; Archiv der Volksstimme Magdeburg; Archiv Dagmar Bremer, Magdeburg (privat).
Bildquelle: *Archiv der Städtischen Bühnen Magdeburg.
Dagmar Bremer