Preußen, Friedrich Ludwig Christian Prinz von (gen.
Louis Ferdinand) |
Das fünfte Kind des Prinzen August Ferdinand von Preußen, des jüngsten Bruders Friedrichs des Großen, wurde allgemein Louis gerufen. Als wenig später ein Nachkomme des Kronprinzen denselben Namen erhielt, wurde er fortan, um Verwechslungen zu vermeiden, Louis Ferdinand genannt. Von Friedrich dem Großen wird gesagt, er habe seinen Neffen wegen seiner Schlagfertigkeit besonders geliebt. Durch Hauslehrer bekam er eine vielseitige Ausbildung, bei der sich schon früh seine musikalische Begabung zeigte. Im März 1789 trat P. in den Militärdienst ein und konnte sich im Koalitionskrieg gegen Frankreich (1792–94), insbesondere bei der Belagerung von Mainz, erstmals durch Tapferkeit auszeichnen, was seine spätere Volkstümlichkeit begründete. Für seinen Mut bei der Erstürmung einer Schanze, bei der er verwundet wurde, ernannte ihn der König zum Generalmajor. Der Prinz, der durch seinen freizügigen Lebenswandel häufig den preußischen Hof brüskierte, so daß er möglichst weit von Berlin entfernt wohnen sollte, wurde 1795 zum Chef des Infanterieregiments in Magdeburg befördert und dort durch seinen Onkel auch zum Dompropst bestimmt. Im Oktober 1796 wurde der Prinz mit seinem Regiment zur Bewachung der französisch-deutschen Demarkationslinie nach Lemgo (Grafschaft Lippe) und später nach Hoya versetzt. Unerlaubte Ausflüge nach Hamburg nutzte er zur Weiterbildung seines musikalischen Könnens. Seine dortigen Kontakte mit Musikern und politischen Persönlichkeiten, wie dem Freiherrn von Stein, sah man am preußischen Hof mit Unbehagen. Er wurde daraufhin nach Magdeburg zurückbeordert, mußte sich in der Stadt und Umgebung aufhalten und durfte längere Zeit nicht am preußischen Hof in Berlin erscheinen. Seit 1800 teilte er seinen Wohnsitz zwischen Berlin und Magdeburg bzw. seinen späteren Gütern Wettin und Schricke. Letzteres hatte er im Colbitzer Forst entdeckt und 1803 gekauft. Er ließ in Schricke ein neues Schloß errichten (1803–05), das nach dem II. Weltkrieg abgerissen wurde. Dort lernte er auch Henriette Fromme kennen, mit der er zwei Kinder hatte – Sohn Ludwig (genannt Louis) und Blanka (genannt Blanche), die der König 1810 in den Adelsstand erhob und denen er den Namen “von Wildenbruch” gab. Der Enkel des Prinzen war der bekannte Dichter Ernst von Wildenbruch. Der vielseitig interessierte Prinz widmete sich neben der Kriegswissenschaft und Philosophie besonders der Musik. Der zuletzt in seinen Diensten stehende und ihn ständig begleitete Musiker und Komponist Johann Ladislaus Dussek unterrichtete ihn auch in Schricke. Bereits im Jahre 1796 war es in Berlin zu der ersten Begegnung mit Ludwig van Beethoven gekommen, der einen großen Einfluß auf ihn ausübte. Dieser hatte ihm das Lob erteilt, daß sein Spiel “garnicht königlich oder prinzlich, sondern das eines tüchtigen Klavierspielers sei”. Vom musikalischen Schaffen des Prinzen, das sich durch einen improvisatorischen Grundzug auszeichnet, sind op. 1 bis op. 13 erhalten geblieben. Die bevorzugte Form in den 13 gesicherten Werken ist das Rondo. Zu Lebzeiten des Prinzen wurde nur Opus 1 gedruckt, alle weiteren wurden zwischen 1806 und 1808 unter der Leitung Dusseks veröffentlicht. Robert Schumann hat P. treffend “den Romantiker der klassischen Periode” genannt. Die Werke haben auch heute kaum von ihrer Frische eingebüßt. 1804 führte ihn eine Reise nach Österreich, um ein Bündnis zwischen Preußen und Österreich zu vermitteln. Der Prinz trat als entschiedener Gegner Napoleons auf und versuchte mit Patrioten wie Blücher, Scharnhorst u. a. Preußen zum Krieg gegen Napoleon zu bewegen. Als es 1806 für Preußen in ungünstiger Lage zum Krieg gegen Napoleon kam, wurde der Prinz Anführer der Avantgarde des Korps des Fürsten Hohenlohe bei Rudolstadt. Am 10.10.1806 fiel er bei einem Gefecht bei Wölsdorf (Saalfeld) gegen überlegene französische Truppen. Theodor Fontane hat die weitere politische Zukunft des Landes in einer Ballade auf den Prinzen so ausgedrückt: “Vorauf den anderen allen,/Er stolz zusammenbrach;/Prinz Louis war gefallen/und Preußen fiel ihm nach”. Als Prinz und Soldat wurde Louis Ferdinand nach seinem Tod ein Mythus.
Werke: Hans Wahl (Hg.), Prinz L. F. v. P. Ein Bild seines Lebens in Briefen, Tagebuchblättern und zeitgenössischen Zeugnissen, 1917 (L); H. Federmann (Hg.), Briefe, Tagebuchblätter und Denkschriften, 1942.
Literatur: ADB 19, 582; NDB 15, 257f.; MGG 8, Sp. 1232–1237 (L, B); Kosch LL 9, Sp. 1702; Priesdorff 2, 385–389 (L, *B); Elisabeth Wintzer, Prinz L. F. v. P. als Mensch und Musiker, 1915; Eduard Stegmann, Prinz L. F. v. P. als Grundherr im Herzogtum Magdeburg, in: MonBl 1932, 377, 389, 397; Robert Hahn, L. F. v. P. als Musiker. Ein Beitrag zur Geschichte der musikalischen Frühromantik, Diss. Breslau 1935; Kurt von Priesdorff, Prinz L. F. v. P, 1935 (B); Eckart Kleßmann, Prinz L. F. v. P. 1772–1806. Gestalt einer Zeitenwende, 1972; ders., Prinz L. F. v. P., Soldat – Musiker – Idol, 1995.
Herbert Riebau
letzte Änderung: 19.08.2004