Krojanker, Hermann |
K. war Sohn des jüdischen Kaufmanns Wilhelm K., der als Kaufmann und Finanzier 1888 Teilhaber der Schuhfabrik des Conrad Tack in Burg wurde, die sich fortan unter der Firma Conrad Tack & Cie. zur größten Schuhfabrik in Europa entwickelte. Nach dem Besuch des Köllnischen Gymnasiums und einer kaufmännischen Lehre in seiner Heimatstadt volontierte K. in London, Paris und Nancy und trat 1907 in die väterliche Schuhfabrik in Burg ein. Bei Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft 1912 wurde K. deren Direktor und wohnte von 1913 bis zur Übernahme der Generaldirektion 1924 in Magdeburg. Nach dem Tod des Vaters 1924 siedelte K. nach Berlin um. Erfolgreich war die Zusammenarbeit mit seinem Onkel, dem technischen Leiter der Firma Alfred Zweig, einem wichtigen Geldgeber, der seit 1893 Mitinhaber des Unternehmens war. Sein Bruder Gustav K. war 1926–29 Direktor und Vorstandsmitglied der Firma, schied aber aus, um sich als Publizist ganz der zionistischen Bewegung zu widmen. K. bemühte sich in Berlin um den Ausbau des Verkaufsnetzes, indem er den von Tack begründeten neuartigen Direktverkauf der Burger Produkte und hinzugekaufter fremder Ware in firmeneigenen Filialketten weiterentwickelte. Ab 1926 erfolgte ein starker wirtschaftlicher Aufschwung der Firma, die um 1930 über mehr als 130 Verkaufsstellen und ca. 4.000 Arbeiter und Angestellte verfügte (Umsatz ca. 38 Millionen Reichsmark). Mit diesem größten europäischen Verkaufsnetz einer Schuhfabrik wurde eine führende Rolle in Deutschland erreicht. K. spielte als Vorstandsmitglied der Vereinigung der Berliner Handelsrichter, des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller und des Verbandes deutscher Filialbetriebe eine bedeutende Rolle im deutschen Wirtschaftsleben. Nach der Machtergreifung Hitlers sah sich K. im Rahmen der nationalsozialistischen “Arisierungsprozesse” gezwungen, das Unternehmen 1933 an die Carl Freudenberg GmbH in Weinheim, seinen größten Lederlieferanten, zu verkaufen. Er emigrierte nach Meran, später nach Paris, wo er ausbezahlt wurde, und kehrte 1934 nach Berlin zurück, wo er sich das Leben nahm.
Literatur: NDB 13, 71f.; Reichshdb 1, 1021 (B); Bio Hdb Emigr 1, 399; Joseph Walk, Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–45, 1988, 206.
Archivalien: Archiv Karin Hönicke, Burg (privat).
Bildquelle: *ebd.
Paul Nüchterlein
letzte Änderung: 10.02.2005