Bracke, Hermann August Franz Wilhelm
geb. 29.05.1842 Braunschweig,
gest. 27.04.1880 Braunschweig,
Kaufmann, Politiker.

Nach dem Besuch des Martino-Katharineums und einer Kaufmannslehre war B. in Braunschweig Gasthörer des Collegium Carolinum (Geschichte, Freier Vortrag). Anschließend trat er in die vom Vater 1856 gegründete Korn- und Mehlhandelsfirma ein, deren Leitung er später übernahm. Parallel zu Johannes Münze und Julius Bremer in Magdeburg konstituierte B. 1865 eine Gemeinde des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) und 1866 eine Sektion der Internationalen Arbeiter-Assoziation (I. Internationale) in Braunschweig. Er kam 1867 ebenso wie Bremer über das Studium des ersten Bandes von “Das Kapital” zur Theorie von Karl Marx. B. und Bremer waren für mehr als ein Jahrzehnt die Schlüsselpersonen für die besonders enge Verbindung der Magdeburger mit der Braunschweiger Sozialdemokratie. B. beteiligte sich in Magdeburg im September 1868 an der Gründung von Gewerkschaften und im März 1869 an der Wahlkampagne zum Norddeutschen Reichstag. Im Juni 1869 nahm er über Bremer Kontakt zu August Bebel und Wilhelm Liebknecht auf, in dessen Ergebnis am 22. Juni in Magdeburg das Treffen der Führer des Verbandes deutscher Arbeitervereine mit den Sprechern der Opposition im ADAV stattfand. Hier formulierte B. den Magdeburger Aufruf zur Einigung der sozialdemokratischen Arbeiterschaft auf dem Allgemeinen Arbeiterkongreß in Eisenach. Die Leitung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands wurde nach Braunschweig gelegt, und B. spielte nach 1875 im Braunschweiger und Magdeburger Raum eine zentrale Rolle bei der Ausbildung der marxistischen Richtung in der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Die 1876 gegründete Magdeburger Freie Presse wurde anfänglich bei B. in Braunschweig gedruckt. 1877 und 1878 war B. sozialdemokratischer Reichstagskandidat für Magdeburg.

Werke: Die Verzweiflung im liberalen Lager. Antwort auf die 7 Artikel der Magdeburger Zeitung und die Schmähschrift des Herrn von Unruh, 1876.

Literatur: Lexikon Biographien zur deutschen Geschichte von den Anfängen bis 1945, 1991, 71f.; Braunschweigisches Biographisches Lexikon, 1996, 85f. (B); Georg Eckert, W. B., in: Niedersächsische Lebensbilder, Bd. 4, 1960, 44–55 (B); Helmut Asmus, Die Lage und der Kampf der Magdeburger Arbeiter von den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts bis 1870/71, in: Quellensammlung zur Geschichte der Magdeburger Arbeiterbewegung, Tl. I, 1965, 99, 108–110, 115; Jutta Seidel, W. B., Vom Lassalleaner zum Marxisten, 1966, 21986 (W, L); Klaus Erich Pollmann (Hg.), W. B., Beiträge zum Kolloquium am 29.05.1992, 1992 (B).

Helmut Asmus

letzte Änderung: 22.09.2005