Tolberg, Johann Wilhelm, Dr. med.
geb. 24.10.1762 Iserlohn,
gest. 17.09.1831 Schönebeck,
Mediziner.

Der Sohn eines Schreiners studierte in Halle Medizin und promovierte 1791. Im Folgejahr wurde er Stadtphysikus zu Staßfurt, ließ sich aber für kurze Zeit in Calbe nieder, da er die Tochter des dortigen Stadtphysikus geehelicht hatte. In der kurzen Amtszeit in Staßfurt gelang es ihm, das Vertrauen breiter Kreise zu gewinnen. Sein Weggang nach Schönebeck zum 01.07.1794 wurde dort allgemein bedauert. Er trat die Stelle eines Knappschaftsarztes der königlichen Saline an. Dort schränkte die Auflage, nur die billigsten Heilmittel zu verwenden, die Tätigkeit des sozial denkenden T. stark ein. Auch seine 1796 vorgebrachte Anregung zum Bau eines Krankenhauses für die Saline fiel den Sparzwängen zum Opfer. T. beobachtete, daß die Salinebeschäftigten oft an Rheuma und Gicht, die Kinder an Ausschlägen und Flechten litten. Zu dieser Zeit nahmen die Seebäder ihren Aufschwung. Der Aufenthalt dort hätte die Leiden gemildert oder geheilt. Da es sich bei den Patienten oft um unbemittelte Leute handelte, mußte darauf verzichtet werden. Durch einen Zufall lernte T. im Jahre 1800 die bei Elmen geförderte Sole, den Rohstoff zur Salzherstellung, als Hausmittel kennen. Im August 1801 ließ er eine versteckte Grube anlegen und führte mit minderwertiger Sole Versuche durch. Seine ersten Patienten waren Jugendliche mit Geschwüren und Drüsenverhärtungen, die bereits nach zweiwöchigen Kuren als geheilt entlassen werden konnten. Von diesen Erfolgen beeindruckt, kamen fortan meist arme Leute, um T.s Badegrube zu nutzen oder Sole zu holen. Ende 1801 unterbreitete T. dem Staatsminister Karl August Freiherr von Struensee die Bitte, zwei bis drei Badekabinette einrichten zu dürfen. Ein ausführlicher Bericht von ihm wurde eingefordert. T. schilderte seine Erfahrungen und nannte zugleich Möglichkeiten für einen kostensparenden Bau. Er ließ einige Flaschen Sole vom Administrator Karl Hermann, dem Leiter der Königlichen Preußischen Chemischen Fabrik auf dem Salinenhof, analysieren und schickte sie nach Berlin. Das Gutachten des Ober-Medizinal- Kollegiums fiel sehr günstig aus. Am 21.09.1802 erging ein Spezialbefehl des Königs, der den Bau eines größeren Badehauses in Aussicht stellte und die Errichtung eines kleineren Gebäudes für die Salinearbeiter sofort befahl. Dieser Befehl ist die Geburtsurkunde des ältesten Solbades Deutschlands. Inzwischen hatte sich während des Sommers 1802 ein reger Badebetrieb entwickelt, so daß sich T. mit größeren Plänen trug. Auf seine Anregung hin wurde 1803 der Bau eines massiven Badehauses mit vier Badekabinetten angeordnet. Das neue Bad hatte großen Zuspruch, die Erfolge waren augenfällig. T. wurde zum Badearzt ernannt. Trotz der bedeutenden Überschüsse, die das Bad erwirtschaftete, entschloß man sich erst 1811, ein neues Badehaus mit zehn Badewannen erbauen zu lassen. Auch dieses erwies sich sehr bald als zu klein, so daß sich ständig Erweiterungen nötig machten. Dem Anliegen T.s stand nicht nur die übertriebene Sparsamkeit des Schönebecker Salzamtes gegenüber, sondern auch der Kampf gegen vorgefaßte Meinungen. T. wies stets darauf hin, daß die Sole kein Allheilmittel sei, versäumte es aber gleichzeitig nicht, auf die Vorzüge des Bades Elmen hinzuweisen. Er wußte das Gradierwerk als Inhalatorium zu nutzen, da die dortige keimfreie salzhaltige Luft sich günstig auf die Atemwege auswirkte. T. entfaltete eine rege schriftstellerische Tätigkeit, um seine Erkenntnisse von der Heilkraft der Sole publik zu machen. Anderenorts wurden daraufhin ebenfalls Solbäder eröffnet, u. a. 1809 in Halle. Die Anerkennung in medizinischen Fachkreisen ging mit der finanziellen Anerkennung durch seine Vorgesetzten einher. Ab 1806 wurde T. unter Würdigung seiner großen Verdienste der sechste Teil der Einnahmen des Bades zugebilligt und ihm der Betrag für die letzten beiden Jahre nachgezahlt. Bis dahin hatte er uneigennützig und ohne Entschädigung zum Wohle der Heilstätte gewirkt. 1827 konnte das 25jährige Bestehen des Bades gefeiert werden – ein großer Triumph für den Arzt. Schon seit 1825 war T. jedoch den großen beruflichen Anforderungen körperlich nicht mehr gewachsen. Er gab das Amt des Knappschaftsarztes auf und widmete sich ausschließlich dem Bade. Im September 1831 erlag er der Bauchwassersucht. T.s Verdienst ist es, die Kenntnis über die Heilkraft der Sole weithin bekannt gemacht zu haben. Das von ihm gegründete Solbad Elmen besteht bis auf den heutigen Tag im Schönebecker Stadtteil Bad Salzelmen.

Werke: Ueber die Ähnlichkeit der Salzsole mit dem Seewasser und den Nutzen der Soolbäder (2 Bde) 1803–1811; Das Solbad zu Elmen, seine Geschichte und jetzige Einrichtung, 1822; Das russische Dampfbad. Über Einrichtung, Gebrauch und Wirkung des Russischen Dampfbades bey dem Soolbade zu Elmen, 1826.

Literatur: Mitteldt Leb 3, 243–252 (B); Hamberger/Meusel, Bde 10, 16, 21; Neuer Nekr 9, 1831; August Andreae (Bearb.), Chronik der Ärzte des Regierungs-Bezirks Magdeburg, 1860, 223–225; August Hirsch (Hg.), Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker (vor 1880), Bd. 5, 1934.

Bildquelle: *Kreismuseum Schönebeck.

Britta Meldau

letzte Änderung: 01.03.2005