Hoche, Johann Gottfried, Dr.
phil. |
Der Sohn eines Gutspächters besuchte die Stadtschule Ellrich und 1778–85 das Gymnasium Wolfenbüttel. Das Studium der evangelischen Theologie und Geschichte 1785–88 an der Universität Halle schloß er 1788 mit der Promotion ab. Die Absicht, nach dem Studium in Halle an die Universität Erlangen zu gehen und dort zu habilitieren, mußte H. aus familiären Gründen aufgeben und trat statt dessen als Hofmeister in den Dienst des Grafen Wiluster zu Halden im Fürstentum Minden, mit dem er ausgedehnte Reisen unternahm. Um 1790 gab H. diese Stellung auf und lebte danach als Privatgelehrter, mehrfach von gräflichen Höfen unterstützt, in Gotha, Wernigerode, Erlangen, Minden und Halberstadt, wo er sich wissenschaftlichen Arbeiten widmete. 1795 trat H. in den kirchlichen Dienst und wurde Pfarrer in Rödinghausen in der Grafschaft Ravensberg, 1800 wechselte er nach Gröningen an die St. Martin Kirche, wurde dort 1803 als Kirchen- und Schulinspektor eingesetzt, 1805 zum Oberprediger und Superintendenten der Diözese Gröningen befördert und 1812 auch zum Konsistorialrat in Halberstadt ernannt. Der vielfältig interessierte H. pflegte als Superintendent in seinem Arbeitsbereich enge Kontakte zu den Honoratioren in Gröningen und der Nachbarorte Oschersleben, Kroppenstedt, Wegeleben und Schwanebeck. Durch Einladungen dieser Persönlichkeiten zu regelmäßigen Zusammenkünften in seinem Hause entstand ein Bekanntenkreis, in dem über Literatur, Reisen und Politik diskutiert wurde. Die französische Besetzung und der Durchzug der Husaren Ferdinand von Schills boten Anlaß zu umfangreichem Gedankenaustausch. Gröningen entwickelte sich, durch den Sitz der Diözese und seine Lage an der Heerstraße begünstigt, neben Halberstadt zu einem geistigen Zentrum der Region und wurde 1816 Kreisstadt des neu gegründeten Landkreises Gröningen. Der vor allem historisch interessierte H. verfaßte zahlreiche regional- und kulturgeschichtlich wertvolle Schriften sowie umfassende historische und ethnographische Betrachtungen und Reiseberichte, die von seiner vortrefflichen Beobachtungsgabe zeugen. Zudem publizierte er moralisch-belehrende Romane und Erzählungen im Geschmack der Zeit. Seine Töchter Eulalia Therese H., verheiratete Merx (geb. 07.11.1815 Gröningen, gest. 09.05.1908 Heidelberg), und Luise Franziska H. (Louise Aston) waren ebenfalls schriftstellerisch tätig.
Werke: Vollständige Geschichte der Grafschaft Hohenstein, …, 1790; Beitrag zu einer Geschichte der Lustbarkeiten und Vergnügungen im 16. Jahrhundert, 1792; Geschichte der Statthalterschaft in den vereinigten Niederlanden, 1796; Des Amtmanns Tochter zu Lüde. Eine Wertheriade für Aeltern, Jünglinge und Mädchen. Roman, 1797; Adelheid von Wildenstein oder Folgen der mütterlichen Eitelkeit. Roman, 1798; Ruhestunden für Frohsinn und häusliches Glück (4 Bde), 1798–1800 (mit Johann Carl Christoph Nachtigal); Reise durch Osnabrück und Niedermünster in das Saterland, Ostfriesland und Gröningen, 1800 (Repr. 1977).
Literatur: ADB 12, 519; Hamberger/Meusel, Bde 3, 9, 11, 18 (W); Neuer Nekr 14, 1838, 791; Gelehrten- und Kirchengeschichte des Fürstentums Halberstadt, Bd. 1, 1795, 36; Franz Brümmer, Deutsches Dichterlexikon, Bd. 1, 1876, 117; ders., Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten, 1884, 118; Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen, 1991ff.
Gerhard Williger