Veltheim, Röttger Graf (seit 1798) von
geb. 25.01.1781 Harbke,
gest. 27.03.1848 Braunschweig (Suizid),
Gutsbesitzer, Pferdekundler.

Der älteste Sohn des August Ferdinand v. V. trat 1802 nach Beendigung seiner Studien in Helmstedt und Göttingen das Erbe und die Verwaltung des Nachlasses seines Vaters in Harbke an. Seine große Leidenschaft galt der Pferdezucht, der er sich theoretisch wie auch praktisch widmete. Zahlreiche Reisen führten ihn u. a. durch Deutschland, Österreich, Dalmatien, Italien (1803), durch die Schweiz und Oberitalien (1806), Italien (1812), England und Frankreich (1818) sowie Ungarn (1825). Dazwischen zog er es vor, auf seinem Gut in Harbke ein stilles und zurückgezogenes Leben zu führen. Nach ausgiebigen Studien verfaßte er sein Buch “Bemerkungen über die Veredlung des Pferdegeschlechtes im übrigen Europa und besonders in Deutschland” (1820), das Aufsehen erregte. V. trat darin gängigen Auffassungen seiner Zeit entgegen, die die deutsche Pferdezucht auf die Fortpflanzung durch das englische Vollblut begründete, während V. orientalischen Hengsten und Stuten den Vorzug gab. V.s Wirken in Harbke war mit wichtigen Veränderungen verbunden, wobei er stets versuchte, das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden. Bereits 1797 gewann er aus dem Saft von Ahornbäumen Zucker. Dazu ließ er unter sechs angepflanzten Arten 60 Stämme anzapfen und gewann aus 300 Litern Saft 10 Kilogramm Zucker. Neben einer eigens dafür errichteten Ahornzuckerfabrik bot V. junge Bäume aus Harbke zur Anlage von Zuckerplantagen an. Da in Deutschland Zucker aus Rüben erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewonnen wurde und man deshalb auf die Einfuhr des teuren ausländischen Rohrzuckers angewiesen war, hatten diese Versuche zunächst auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Neugotische Veränderungen im Harbker Park – Umgestaltung im englischen Stil (1803), Bau der Wassermühle (1803) und des Gewächshauses (1830/31) – und am Schloß (Gebäude für die Bibliothek, 1822) gehen auf ihn zurück. Am 19.08.1805 hatte er Goethe und im Sommer 1841 den König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen mit dem Prinzen von Preußen zu Gast. Neben seiner Vorliebe für Pferde, Bücher und Gartenarchitektur kümmerte sich V. als Bergwerkseigner auch um die Hebung der Kohleschätze in der Region und galt als Begründer des Harbker Bergbaus. Mit der Niederbringung des ersten Schachtes am Wege nach Sommersdorf, der den Namen seines Vaters August Ferdinand erhielt, legte V. den Grundstein für einen umfassenden Ausbau der örtlichen Braunkohlenindustrie, die im Jahre 1860 bereits zwölf Schächte im Harbker Revier zählte. Verzweifelt über den Tod seiner zweiten Frau Charlotte Antonie Friederike von Bülow, erschoß er sich am gleichen Tage.

Werke: Abh. über die Pferdezucht Englands, noch einigen europäischen Ländern, des Orients u.s.w. in Beziehung auf Deutschland, nebst einer Revision der seit der Mitte des 18. Jahrhunderts aufgestellten Systeme über die Pferdezucht, 1833; Neueste Stimmen aus England über den jetzigen Zustand der Zucht edler Pferde daselbst, 1837 (mit Conrad von Hochstetter).

Literatur: ADB 39, 594f.; Hamberger/Meusel, Bd. 21; Neuer Nekr 26, 1850; Georg Wilhelm Schrader, Biographisch-literarisches Lexikon der Tierärzte aller Zeiten und Länder, 1863; Georg Schmidt, Das Geschlecht v. V., 1912; Bernhard Becker, Goethes Reise nach Harbke und Helmstedt, 1925;  Wilhelm Eule, Buch der Heimat, 1940, 135ff., 161ff.; Braunschweigisches Biographisches Lexikon des 19. und 20. Jahrhunderts, 1996, 627.

Bildquelle: Georg Schmidt, Das Geschlecht v. V., 1912 (Kupferstich).

Rudolf Rohr

letzte Änderung: 28.09.2004