Güdemann, Moritz, Dr.
phil. |
G. besuchte das bischöfliche Gymnasium in Hildesheim, zog 1854 nach Breslau, um dort am jüdisch-theologischen Seminar und an der Universität zu studieren. Zu seinen Studienkollegen gehörte Moritz Rahmer und zu seinen Lehrern der Historiker Heinrich Graetz, der ihn stark beeinflußte. 1858 zum Dr. phil. promoviert, trat G. 1862 als Nachfolger Ludwig Philippsons seine erste Rabbinerstelle in Magdeburg an. 1866 als Prediger nach Wien berufen, 1894 zum Oberrabbiner ernannt, übte er dieses Amt bis zu seinem Tod aus. Während seiner Rabbinertätigkeit in Magdeburg übernahm G. von seinem Amtsvorgänger die Redaktion des Jüdischen Volksblattes. Seine Monographie “Zur Geschichte der Juden in Magdeburg” (1866) trug wesentlich zur Dokumentation der jüdischen Kulturgeschichte der Stadt bei. Eine weitere historische Arbeit, die G. in Magdeburg verfaßte, behandelt das Rabbinerwesen im Mittelalter. Der religiös konservativ eingestellte Gelehrte veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Werke zur vergleichenden Religionsgeschichte und Apologetik sowie zur bis dahin wenig beachteten jüdischen Sitten- und Kulturgeschichte. Auf das jüdische Gemeindeleben übte G. großen Einfluß aus und förderte darüber hinaus den Ausbau der jüdischen Fürsorgeanstalten.
Werke: Geschichte des Erziehungswesens und der Kultur der abendländischen Juden (3 Bde), 1880–1888; Nationaljudentum, 1897; Jüdische Apologetik, 1906.
Literatur: Salomon Wininger, Große jüdische National-Biographien, Bd. 2, 1927, 545ff.; Encyclopaedia judaica, Bd. 7, 1931, 711f.; Markus Brann, Geschichte des jüdisch-theologischen Seminars in Breslau, o. J., 165ff. (W); Monika Richarz (Hg.), Bürger auf Widerruf – Lebenszeugnisse deutscher Juden 1780–1945, 1989, 174–184.
Bildquelle: *Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg.
Ildikó Leubauer