Rahmer, Moritz, Dr.
phil. |
R. absolvierte das Gymnasium in Gleiwitz, studierte 1854–62 in Breslau an der Universität und am jüdisch-theologischen Seminar Philosophie, orientalische Sprachen und Theologie. Mit Moritz Güdemann, der nach seinem Studium einige Jahre das Rabbineramt in Magdeburg innehatte, gehörte er zu den ersten Absolventen des 1854 gegründeten jüdisch-theologischen Seminars. 1860 zum Dr. phil. promoviert, wirkte R. 1862–67 als Rabbiner im westpreußischen Thorn und bekleidete danach als Nachfolger Güdemanns bis zu seinem Tod die Rabbinerstelle der jüdischen Gemeinde in Magdeburg. 1876 wurde R. in das Stadtverordnetenkollegium gewählt, dem er bis 1894 angehörte. R. erwarb sich durch Gründung des Israelitischen Witwen- und Waisen-Unterstützungsvereins sowie des Vereins für jüdische Geschichte und Literatur große Verdienste um die Magdeburger Synagogen-Gemeinde. Das langjährige Vorstands- und Ehrenmitglied mehrerer jüdischer Organisationen war Leiter der jüdischen Religionsschule in Magdeburg, unterrichtete u. a. am städtischen König Wilhelms-Gymnasium jüdische Religionslehre und veröffentlichte verschiedene Schulbücher sowie zahlreiche pädagogische Arbeiten. Als Gelehrter, Seelsorger und Rabbiner in Magdeburg, ab 1882 auf Lebenszeit berufen, war R. vor allem auch umfangreich publizistisch tätig. 1878 übernahm er die 1870 von Abraham Treuenfels in Breslau gegründete Israelitische Wochenschrift und leitete sie, zeitweise unterstützt durch Heinrich Loewe, bis Ende 1894. R. gab zahlreiche bedeutende Beilagen zu dieser Wochenschrift heraus, wie etwa das 1872/73 gegründete und von ihm bis zu seinem Tod geführte Jüdische Litteratur-Blatt, die Israelitische Schulzeitung (mit Theodor Kroner) und das seit 1884 als wöchentliche Feuilletonbeilage herausgegebene Jüdische Familien-Blatt, das der Unterhaltung und Belehrung der Familie und Jugend diente. Sein Israelitisches Predigt- Magazin erschien 1874–94, zuletzt ebenfalls als Beilage zur Israelitischen Wochenschrift. In ihnen sind viele seiner richtungsweisenden Predigten zu nationalen Anlässen zu finden. Der in den alten Sprachen bewanderte und gleichermaßen mit der jüdischen wie christlichen Religionsgeschichte vertraute R. trat zudem mit profunden wiss. Arbeiten zu hebräischen Traditionen bei den Kirchenvätern hervor.
Werke: Die hebräischen Traditionen in den Werken des Hieronymus (Tl. 1–3), 1861–1866; Hebräisches Gebetbuch für die israelitische Jugend, 91897; Die Commentarii zu den zwölf kleinen Propheten (2 Tl.), 1898–1902.
Literatur: BioJb 9, 1904; Das litterarische Leipzig, 1897 (B); Salomon Wininger, Große jüdische National-Biographien, Bd. 5, 1931, 126f.; Markus Brann, Geschichte des jüdisch-theologischen Seminars in Breslau, o. J., 189f. (W).
Ildikó Leubauer