Nicolai, Adolf
geb. 17.04.1815 Calbe,
gest. 22.10.1896 Calbe,
Tuchfabrikant.

Der einer alten Tuchmacherfamilie entstammende N. erlernte erst das Bauhandwerk, ehe er 1838 Mitinhaber der Wollwarenfabrik Gebrüder Nicolai in Calbe wurde. Dank seiner Initiative erfolgte in der Fabrik der Einsatz einer der ersten Dampfmaschinen und neuer mechanischer Webstühle. Mit seinem Bruder Alexander N. erschloß er ab 1850 die ersten Braunkohlengruben, “Charlotte” und “Emma”, bei Calbe. Sein Hauptverdienst war der Neubau, die Einrichtung und der Betrieb der seinerzeit (1851) modernsten Tuchfabrik in Calbe. Verdient machte sich N. auch durch seine Tätigkeiten als Ratsmann und Stadtverordnetenvorsteher in Calbe sowie durch seine Fürsorge für die Beschäftigten seiner Fabrik. So versorgte er in den Hungerjahren 1846/47 seine Arbeiter mit preisgünstigen Lebensmitteln und erwarb um 1890 in der “Kleinen Fischerei” – einer Straße in der Nähe der Fabrik – Grundstücke zum Bau von Einfamilienhäusern für seine Stammbelegschaft. Anläßlich des 100jährigen Firmenjubiläums im Jahre 1888 erhielt jeder Mitarbeiter ein Sparkassenbuch mit einer den Dienstjahren entsprechenden Einzahlung. N. war einer der führenden Demokraten in den Jahren um 1848. Bei der Wahl der Deputierten zur Frankfurter Nationalversammlung erhielt er 80 von 138 möglichen Stimmen und wurde damit Stellvertreter des gewählten Deputierten Wilhelm Loewe aus Calbe. Sein Engagement resultierte aus der Ablehnung der preußischen Wirtschaftspolitik. Er forderte mit Gleichgesinnten die Gewerbefreiheit und die Aufhebung der Einschränkungen im Handel. 1862 gehörte er zu den liberalen Wahlmännern.

Literatur: Adolf Reccius, Beiträge zur Geschichte der Tuchmacherei in Calbe an der Saale, 1937, 48; Hanns Schwachenwalde, Dr. Wilhelm Loewe, Ms. 1992.

Hanns Schwachenwalde