Lindau, Heinrich Hermann Karl
geb. 28.02.1879 Barneberg,
gest. 24.04.1965 Thale,
Lehrer, Heimatdichter.

L. Sohn eines Dorfkaufmanns und Gastwirts aus Neinstedt besuchte 1885–92 die Volksschule in Barneberg, 1892–93 die Mittelschule Quedlinburg, 1893–96 die Präparanden-Anstalt Quedlinburg und 1896–99 das Lehrerseminar Genthin. 1899–1902 war er Volksschullehrer in Kaltendorf bei Oebisfelde und dann von 1902–41 Mittelschullehrer in Thale. L. war Verfasser von Jugend- sowie Volksbühnenstücken und erzählte oft in Mundart. Das Gasthaus seines Vaters, auch sein Geburtshaus, war eine wesentliche Quelle seines literarischen Schaffens. Wenn sich abends zur “Ulenflucht” (Eulenflucht- Dämmerung) die Dorfbewohner zum Dämmerschoppen trafen, erlebte L. mancherlei Dorftypen, die sich wunderliche Geschichten erzählten. Diese Jugendeindrücke am heimatlichen Stammtisch gewannen in der Mitte seines Lebens wieder Gestalt und lebten in seinen Erzählungen weiter. In seinen Erzählungen in ostfälischer Mundart, z. B. in “Krut un Räuben ut de Madeborger Börde” (1920), “Wie uns de Snabel wussen is” (1929) und “Um de Ulenflucht” (1936), erzählt L. lustige Begebenheiten des Dorfgeschehens, Schelmenstreiche und Geschichten schnurriger Käuze. In L. tritt dem Leser ein Mann entgegen, der das Wesen der Bördebewohner gut kannte und lebensecht zu schildern verstand. Mit großer Liebe schuf er für die Jugendbühne zehn dramatische Stücke und verfaßte etwa 150 ortsgeschichtliche Arbeiten, darunter Singspiele, Novellen, historische Erzählungen, Balladen und Gedanken, die verstreut in Kalendern, Zeitschriften und Zeitungen erschienen sind. Ebenfalls arbeitete er am ostfälischen Wörterbuch von Albert Hansen mit. Viele seine Arbeiten fanden Eingang in Schullesebücher. L. hat den Bördedialekt in die Literatur eingeführt. Seine späte heimatgeschichtliche Arbeit “Thale und das Bodetal. Stecklenberg, Treseburg und Altenbrak” (1957, 91978) wurde mehr als 150.000 mal gedruckt und fand weite Verbreitung.

Werke: s. o.; Wanderfahrt. Knabenspiel, 1913; Weihnacht in der Pecherhütte. Festspiel 1913; Der Mann mit den Teufeln im Leibe. Schattenspiel 1915; Jung Helmbrecht. Spiel, 1919; Dem Leben wiedergewonnen. Dramatisches Bild, 1919; Ein biblisches Spiel zum Erntefest, 1919; Das Zauberspieglein. Singspiel, 1920; Das Wunderkäpplein. Spiel, 1921; Der rote Faden. Posse, 1921; Der Bauer als Arzt. Spiel, 1921; Frieden künden die Weihnachtsglocken, Spiel, 1922; (Bearb.) A. Gryphius, Die geliebte Dornrose, Spiel, 1922; Der Wunderkrug und der Eselsschwanz. Spiel, 1922; Scholle und Schacht. Ein Roman aus den Magdeburger Landen, 1924; Der Rinderkrieg. Komödie, 1943; Der verlorene Sohn. Spiel, 1949; Der selige Hannes, Spiel, 1954.

Literatur: Kosch LL 6, Sp. 1449f.; Karl Ziese, H. L. – ein Bördedichter, in: Heimatblatt des Aller- und Holzvereins, Nr. 13/14, 1938 (B); Erhard Rohlandt, Zwischen Nordharz und Ohre. Niederdeutsche Mundartdichtung, 1990, 63ff.; Hans-Eberhard Sika, Die Altvorderen von Barneberg, in: Volksstimme Oschersleben vom 30.07.1993.

Bildquelle: Hans-Eberhard Sika, Halle (privat).

Hans-Eberhard Sika

letzte Änderung: 10.02.2005