Köster, Friedrich (Fritz)
Ps.: Fridolin Cyclop
geb. 13.02.1855 in Rodenberg/Kreis Rinteln,
gest. 1934 (Dresden?),
Schlosser, Redakteur, Gewerkschafter, radikaler Sozialist, Anarcho-Syndikalist.

K. war seit Anfang der 1880er Jahre in der Sozialdemokratischen Partei aktiv. Er kam während der Zeit des Sozialistengesetzes 1885 nach Groß Ottersleben bei Magdeburg und beteiligte sich dort an der illegalen Arbeit der Sozialdemokratie. Er war zu dieser Zeit Vorsitzender des gewerkschaftlichen Fachvereins für sämtliche Berufsgruppen von Groß Ottersleben und Umgegend. Mehrfach wurde er zu Haftstrafen verurteilt, u.a. 1886 wegen öffentlicher Beleidigung zu drei Monaten Gefängnis und 1887 wegen Verbreitung illegaler Druckschriften 18 Monate Gefängnis, die er in Gommern verbüßte. Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes war K. 1890/91 in der Opposition der „Jungen“ innerhalb der Magdeburger Sozialdemokratie aktiv. 1890 war er Delegierter des Wahlkreises Wanzleben auf dem Parteitag der SPD in Halle; im selben Jahr wurde K. auch Redakteur der im Juli 1890 gegründeten Magdeburger Volksstimme. In dieser Tätigkeit wurde er wieder wegen beanstandeter Artikel mehrmals zu Haftstrafen verurteilt, deren Verbüßung er sich 1891 durch Flucht in die Schweiz entzog. In Zürich trat K. den Unabhängigen Sozialisten bei, die sich inzwischen von der SPD getrennt hatten und vertrat 1893 als Delegierter die Magdeburger Unabhängigen auf dem dortigen Internationalen Sozialistenkongress. In den 1890er Jahren war K. dann in der Schweiz als Gewerkschafter in verschiedenen Funktionen aktiv und schloss sich um die Jahrhundertwende endgültig der anarchistischen Bewegung an. In Polizeiberichten aus dieser Zeit wird K. als der „Führer der Züricher Anarchisten“ bezeichnet. Erst im Januar 1910 kehrte er, nachdem die Strafvollstreckung durch Verjährung erloschen war, aus dem Exil nach Groß Ottersleben zurück. Er trat auf Drängen von Freunden wieder der SPD bei – trotz „erschreckender Stagnation im Lager der Sozialdemokraten“, wie er sich später erinnerte. Gemeinsam mit dem bekannten Anarchisten Gustav Landauer versucht er in der Magdeburger Gegend das Landproletariat für die anarchistische Bewegung zu gewinnen und war im Frühjahr 1910 führend an einem Streik der Otterslebener Feldarbeiterinnen beteiligt. Im Juni 1910 kam es gegen K. und weitere Oppositionelle aus Groß Ottersleben wegen ihrer Aktivitäten für die anarchistische Bewegung zu einem Ausschlussverfahren aus der SPD. Um dem zuvorzukommen, erklärte er nach einem Zusammenstoß mit dem damaligen Magdeburger Parteivorsitzenden Hermann Beims seinen Austritt. – Bis zu seinem Umzug 1911 nach Berlin, wo er als Redakteur der unabhängigen linken Wochenzeitung Die Tribüne arbeitete, trat K. auf zahlreichen öffentlichen Versammlungen in Magdeburg und Umgebung als Referent und Einberufer auf. Im gleichen Jahr begründete er die Zeitschrift Der Pionier, die zum theoretischen Organ der anarcho-syndikalistischen Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften (FVdG), einem 1897 aus dem Zusammenschluss lokaler Fachvereine entstandenen dezentral-basisdemokratisch organisierten Gewerkschaftsverband, avancierte. In seiner Tätigkeit als verantwortlicher Redakteur handelte er sich wiederholt Strafverfahren ein. Nach insgesamt drei Monaten in verschiedenen Gefängnissen trat K. Ende 1912 von der Redaktion zurück und verlegte seinen Wohnsitz nach Dresden. Auf dem 10. Kongreß der FVdG im Jahre 1912 in Magdeburg vertrat er als Delegierter die Dresdener Bauarbeiter. Bis zum Ausbruch des I. Weltkrieges war er in zahlreichen Vortragsrundreisen im Auftrage der Geschäftskommission der FVdG unterwegs. Nach der kriegsbedingten Zwangspause nahm er diese Tätigkeit im Jahre 1919 wieder auf, die ihn immer wieder auch in die Magdeburger Gegend verschlägt. 1920 wurde K. in die Geschäftskommission der Freien Arbeiter Union Deutschlands (FAUD), der Nachfolgeorganisation der FVdG, gewählt. Anfang der 1920er Jahre war er als Redakteur der syndikalistischen Tageszeitung Die Schöpfung bzw. der Wochenzeitung Der Syndikalist, welcher im Verlag Fritz Kater erschien,  tätig. Auch nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftskommission und der Redaktion des Syndikalist blieb K. für die syndikalistische Bewegung aktiv. Seine Frau Aimée K. war in den 1920er Jahren Redakteurin der sozialistischen Frauenschrift Die schaffende Frau und im Syndikalistischen Frauenbund aktiv.

Werke: Kampf und Sieg der ca. 1000 Feldarbeiterinnen von Groß Ottersleben und Umgegend im Mai 1910, [1911]; [Ps.] Die Namenlosen. Lebenserinnerungen eines deutschen Proletariers, in: Zs. Die Tribüne, 1911/12 (mehr als 20 Folgen).

Literatur: Max Schwarz, Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Halle a.S. vom 12. bis 18. Oktober 1890, 1890 (auch Reprint 1978); Hans Bursian/Willi Mader (Bearb.), Quellensammlung zur Geschichte der Magdeburger Arbeiterbewegung von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Teil 2/2: 1890-1900, [1966]; Karin Dombrowski (Bearb.), Quellensammlung zur Geschichte des Kampfes gegen das Sozialistengesetz im Regierungsbezirk Magdeburg (1878-1890), 1990.

Archivalien: Landesarchiv Berlin: A Pr. Br. Rep. 030 Tit. 95 Nr. 16261 (Der anarch. Schlosser und Redakteur Friedrich Köster 1889-1918); Landesarchiv Berlin: A Pr. Br. Rep. 030 Tit. 95 Nr. 15767 (Die anarchistische Bewegung in der Provinz Sachsen 1911-17). 

Internet: Die Tribüne: http://projekte.free.de/dada/dada-p/P0001315.HTM;
Der Pionier:
http://projekte.free.de/dada/dada-p/P0001372.HTM;
Die Schöpfung:
http://projekte.free.de/dada/dada-p/P0001570.HTM;
Der Syndikalist:
http://projekte.free.de/dada/dada-p/P0001429.HTM.

Ludwig Unruh

letzte Änderung: 26.09.2005