Schimank, Hans Friedrich Wilhelm Erich, Prof. Dr. rer. nat., Dr. h. c.
geb. 17.03.1888 Berlin,
gest. 25.08.1979 Hamburg,
Physiker, Naturwissenschafts- und Technikhistoriker, Pädagoge.

S. wurde als zweites Kind des Bezirksfeldwebels und späteren Museumsdirektors und Rechnungsrates Hans S. und seiner schon 1897 verstorbenen Ehefrau Margarethe, geb. Baethke, geboren. Er besuchte das Berliner Friedrichs-Gymnasium, legte dort 1909 sein Abitur ab und begann noch im gleichen Jahr ein Studium der Physik und Germanistik an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, wobei er sich schließlich für das Studium der Physik entschied. Zu seinen Lehrern gehörten Max Planck, Jacobus van’t Hoff, Fritz Haber, Albert Einstein, Otto Hahn und Walter Nernst, bei dem er Anfang 1914 mit einer Arbeit  „Über das Verhalten des elektrischen Widerstandes von Metallen bei tiefen Temperaturen“ promovierte. Nach dem Studium war er als Assistent am Nernstschen Institut angestellt, musste sich hier zunehmend mit kriegstechnischen Aufgaben beschäftigen und  war ab 1917 als Hilfsbetriebsleiter mit den gleichen Aufgaben am Militärversuchsamt in Berlin-Plötzensee betraut. S. fand eine Anstellung ab 1919 als Studienrat und ab 1946 als Oberstudienrat im technischen Schuldienst an den Technischen Lehranstalten in Hamburg, wo er bis zu seiner Pensionierung 1957 die Fächer Physik, Mathematik und Chemie lehrte. Die Lehrverpflichtungen ließen ihm genügend Zeit für private Studien zur Geschichte der Naturwissenschaften und Technik und Kontakte zu anderen Wissenschaftlern. 1920 wurde er Mitglied des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und des Hamburger Naturwissenschaftlichen Vereins. Seine erste größere Arbeit „Zur Geschichte der exakten Naturwissenschaften in Hamburg“ (1928) vermittelte ihm die Bekanntschaft mit Conrad Matschoß, der sich im Rahmen des VDI mit der Geschichte der Technik befasste und er wurde in den Vorstand des Hamburger Naturwissenschaftlichen Vereins berufen. Seit Ende der 1938er Jahre galt S. als eine Autorität auf dem Gebiet der Geschichte der Naturwissenschaften und Technik. Aus diesem Grund boten ihm nahezu gleichzeitig die Universität Hamburg eine Stelle als Honorarprofessor für Geschichte der Naturwissenschaften  und der damalige Magdeburger Bürgermeister Fritz Markmann  die Stelle eines Leiters eines neu zu gründenden Institutes an, das sich mit der Industrie- und Technikgeschichte des Mitteldeutschen Raumes befassen sollte. S. entschied sich für Hamburg und trat am 15. Oktober 1942 die Stelle des Honorarprofessors an, die er über seine Pensionierung (1957) hinaus bis 1979 inne hatte. 1947 gehörte S. zu den Mitbegründern der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften in Hamburg. Von 1945 bis 1965 war er als Nachfolger von Conrad Matschoß Vorsitzender der Hauptgruppe Technikgeschichte des VDI. Auf seine Anregung wurde 1960 an der Hamburger Universität ein Lehrstuhl für die Geschichte der Naturwissenschaften geschaffen. Mit dem engen Kontakt zum Vorstand des VDI begann für S. eine langjährige fruchtbare Zusammenarbeit mit anderen technikhistorisch interessierten Gremien und Institutionen, die ihn in den letzten Lebensjahren zu ihrem Ehrenmitglied ernannten und ihm hohe und höchste Auszeichnungen (1958 Ehrenmitglied des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, 1963 Ehrendoktorwürde der Universität Frankfurt/Main und Ehrenmünze des VDI, 1969 Grashof-Denkmünze des VDI ,1972 Joachim-Jungius-Medaille der Joachim Jungius Gesellschaft der Wissenschaften, 1976 Ehrenmitglied der Georg-Agricola-Gesellschaft zur Förderung der Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik) verliehen. – Neben zahlreichen Naturwissenschaftlern und Technikern beschäftigte sich S. seit den 1920er Jahren auch mit dem Leben und dem Werk Otto von Guerickes, dessen Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert er entscheidend befördert hat. 1936 widmete er dem Magdeburger Bürgermeister und Naturforscher eine erste Monographie, der zahlreiche weitere Aufsätze folgten. Im VDI entstand der Plan, eine deutschen Ausgabe von Otto von Guerickes Hauptwerk „Experimenta Nova (ut vocantur) Magdeburgica de Vacuo spatio“ (1672) herauszugeben, von dem nur unzureichende Teilübersetzungen vorlagen. Diese Arbeit beschäftigte S. über Jahrzehnte; vom Krieg unterbrochen, erschien das Werk erst 1968 vollständig und stellt seine wissenschaftshistorisches Hauptwerk dar. Als führender Guericke-Forscher hielt er am 10. Mai 1961 den Hauptvortrag über das Leben und Wirken Otto von Guerickes anlässlich des Festaktes zur Umbenennung der Hochschule für Schwermaschinenbau in die Technische Hochschule „Otto von Guericke“ Magdeburg und wurde hier mit der Otto-von-Guericke-Plakette ausgezeichnet. S. war seit 1920 mit Margaretha Jahn (1890-1983) verheiratet, eine der ersten deutschen Frauen, die in den Naturwissenschaften mit einer Arbeit über anorganische Chemie bei Fritz Ullmann promovierte. Sie errichtete 1982 die H. S.-Gedächnis-Stiftung, in deren Besitz sich der Nachlaß von S. befindet.

Werke: Otto von Guericke. Leben und Werk eines deutschen Ingenieurs, in: Beiträge zur Geschichte der Wissenschaft und der Technik, 1929, H. 19, 13–30; Epochen der Naturforschung. Leonardo – Kepler – Faraday, 1930, 21964; Otto von Guericke, in: Die großen Deutschen. Bd. 1, 1935, 606–615; Otto von Guericke, Bürgermeister von Magdeburg. Ein deutscher Staatsmann, Denker und Forscher, 1936; Otto von Guerickes elektrische Untersuchungen, in: Elektrotechnische Zs. 57, 1936, 525–528; Otto von Guericke. Zur 250. Wiederkehr seines Todestages, in: Zs. des VDI 80, 1936, 557–562; Otto von Guerickes Stellung in der Geistesgeschichte, in: Zs. für technische Physik 17, 1936, 209–218; Otto von Guericke. Zum Gedächtnis der 250. Wiederkehr seines Todestages, in: Zs. für den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht 67, 1936, 15 –154; Ein Staatsmann und Ingenieur. Zur Erinnerung an die 250. Wiederkehr des Todestages Otto von Guerickes, in: Rundschau Technische Arbeit (VDI-Nachrichten) 16, 1936, Nr. 20; Otto von Guericke als Mittler zwischen Kepler und Newton, in: Proteus 2, 1937, 302-305; Otto von Guericke, Bürgermeister von Magdeburg und Gesandter zu Osnabrück, in: Der Friede in Osnabrück 1648. Beiträge zu seiner Geschichte, 1948, 123-131; Zum 350. Geburtstag von Otto von Guericke, in: VDI-Nachrichten 6, 1952, Nr. 24; Otto von Guericke, in: Die Naturwissenschaften. Organ der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte 40, 1953, 397-403; Die drei Luftpumpen Otto von Guerickes, eine bisher unbekannte Anleitung zum Experimentieren damit und eine bisher ebenfalls unbekannte Anweisung zur Wettervorhersage aufgrund barometrischer Beobachtungen, in: Abhandlungen der Braunschweigischen wissenschaftlichen Gesellschaft 13, 1961, 128-148; Nachwort zu: Otto von Guericke, Experimenta Nova (ut vocantur) Magdeburgica de Vacuo spatio. Faksimiledruck der Ausgabe Amsterdam 1672, 1962, 1-5; Otto von Guericke, in: NDB 7, 143-155; Otto von Guericke als Forschertyp des 17. Jahrhunderts, in: W. Baron, Beiträge zur Methodik der Wissenschaftsgeschichte, 1967, 42-53; Otto von Guericke, in: W. Gerlach (Hg.), Der Natur die Zunge lösen. Leben und Leistung großer Forscher, 1967, 53-63; Traits of ancient natural philosophy in Otto von Guericke's World Outlook, in: Organon 4, 1967, 27-37; (Hg.) Otto von Guerickes Neue (sogenannte) Magdeburger Versuche über den leeren Raum,(Kleine Ausgabe), 1968; (Hg., Üb.) Otto von Guerickes Neue (sogenannte) Magdeburger Versuche über den leeren Raum. Nebst Briefen, Urkunden und anderen Zeugnissen seiner Lebens- und Schaffensgeschichte(Große Ausgabe), 1968 (mit H. Gossen, G. Maurach und F. Krafft).

Nachlaß: H. S.-Gedächnis-Stiftung Universität Hamburg.

Literatur: Pia Köppel, H. S.: eine Bibliographie seiner Veröffentlichungen, 1984; Zum Gedenken an Hans Schimank (1888-1979), 1989 (B); Willi Schmidt / Christoph Scriba, (Hg.), Frauen in den exakten Naturwissenschaften, 1990; Willi Schmidt, Der Guericke-Forscher – H. S. (1888-1979), in Monumenta Guerickiana 1992, 39-44(B).

Internet: *www.math.uni-hamburg.de/math/ign/hh/biogr/schim-h.htm.

Rainer Schmücking

letzte Änderung: 01.03.2005