Schütz, Julius Engelbert
Friedrich von |
S. war das dritte von sieben Kindern des Pfarrers Otto v. S. Nach einer schulischen Vorbereitung im elterlichen Haus besuchte er das Gymnasium in Cleve, das er 1872 mit dem Reifezeugnis verließ, um an der Königlichen Gewerbeakademie zu Berlin Maschinenbau zu studieren. Er belegte sechs Semester an dieser Schule und nahm auch Vorlesungen an der Universität wahr. Nach Ableistung seines Militärdienstes und einer kurzzeitigen Tätigkeit bei der Rheinischen Eisenbahn in Cleve trat er 24jährig als Ingenieur in die Grusonwerk AG Magdeburg ein, die zu diesem Zeitpunkt noch in Besitz und unter der Leitung von Hermann Gruson war. Hier baute er eines der ersten literarischen und Patent-Bureaus eines Maschinenbaubetriebes in Deutschlands auf. Gruson forderte und förderte den jungen Ingenieur und zog ihn auch zu Panzerschießversuchen im In- und Ausland hinzu. Die Erfassung, Systematisierung und in mehreren Publikationen erfolgte klare Darlegung dieser Versuche sowie die Ableitung technischer Zusammenhänge unter werkstofflichen und konstruktiven Aspekten wiesen S. als anerkannten Spezialisten auf diesem Gebiet aus. Genauso tiefgründig befaßte er sich mit der Ausarbeitung, Abfassung, Umsetzung sowie der Anwendung von Patenten und erkannte bereits hier Unzulänglichkeiten im deutschen Patentwesen. Neben seinem fachlich fundierten Schaffen im Grusonwerk engagierte er sich ab 1883 als Stadtverordneter in Buckau und nach der Eingemeindung des Ortes 1886 auch in Magdeburg. S. war zudem Vorsitzender des von ihm reaktivierten Städtischen Vereins. 1891 übernahm er als einer der Kundigsten auf diesem Gebiet im Auftrag der Grusonwerk AG Magdeburg die Vertretung für Kriegsmaterial in Berlin sowie nach Angliederung des Grusonschen Unternehmens 1893 an die Fried. Krupp AG Essen deren Gesamtvertretung. Folgerichtig wirkte er in Berlin auch an der Gründung des Deutschen Vereins für den Schutz des gewerblichen Eigentums mit. Die Erfahrungen aus seinen Magdeburger Jahren auf dem Gebiet des Patentwesens, publiziert in der Zeitschrift des VDI und der Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht unterstrichen seine Befähigung, 1896–99 als Schatzmeister und weiter bis 1909 als Vorsitzender dieses Vereins zu wirken, der durch sein Engagement eine führende Stellung in der Bewegung des gewerblichen Rechtsschutzes erlangte. Seit 1897 betrieb S. den Aufbau der Internationalen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und übernahm zweimal deren Vorsitz. Unter seiner Leitung wurde der 1904 tagende internationale Berliner Kongreß für gewerblichen Rechtsschutz ein voller Erfolg. Besonders hervorzuheben ist S.’ nachdrücklich formendes und förderndes Wirken bei der Entwicklung der Gesetzgebung zum deutschen aber auch sein Einfluß auf den internationalen gewerblichen Rechtsschutz. Er wirkte zudem im Bismarck-Ausschuß mit und präsidierte nach 1900 den Bismarck-Kommersen in Berlin. Als Vorsitzender der Vereinigten Bismarck-Vereine Berlins, deren Ehrenvorsitzender er nach seinem Weggang aus Berlin wurde, brachte er seine uneingeschränkte Vaterlandsliebe zum Ausdruck. Als Ehrenmitglied des Corps Borussia gehörte er von 1898 bis 1905 dem Gesamtausschuß der Korpsstudenten an. S. hielt die Gedächtnisansprachen für seine Lehrer und Förderer: 1895 zum Ableben von Hermann Gruson in Magdeburg und 1902 zur Beisetzung von Friederich Alfred Krupp in Essen. 1909 nach Essen zurückgekehrt, übernahm er die Geschichts- Abteilung der Fried. Krupp AG. Ihm war es jedoch nicht vergönnt, die konzipierte Geschichte des Stahlwerkes fertigzustellen. Nach der Trauerfeier 1910 in Essen wurde er auf dem Südfriedhof in Magdeburg neben seinem ältesten Sohn beigesetzt. S. ist in die Reihe jener Männer zu stellen, die in den Gründerjahren Grundlegendes für die industrielle Entwicklung schufen.
Werke: Gruson’s Hartguss-Panzer, 1887; Hartguß-Panzerungen und Minimalscharten-Lafetten, System Gruson, 1890; Die Panzerlafetten auf den Schießplätzen des Grusonwerks bei Magdeburg-Buckau und Tangerhütte, 1890; Der Hartguss und seine Bedeutung für die Eisenindustrie, 1890; Grusonwerk Magdeburg-Buckau, Telegramm-Schlüssel, Tl. I für Kriegsmaterial, Pulvermaschinen und Ausrüstungen, Mai 1892 (Archiv der Fried. Krupp AG Essen: S2 Gru 16/1).
Literatur: BioJb 15, 1910; J. v. S. †, in: Stahl und Eisen, Sonderdruck, 1910, Nr. 4; Albert Osterieth, J. v. S., 1910; J. v. S. †, in: Tägliche Rundschau Berlin, Nr. 19 vom 09.01.1910; J. v. S., in: Kruppsche Mitteilungen, Nr. 2 vom 15.01.1910; Trauerfeier für J. v. S., in: ebd., vom 07.05.1910; Fs. zum 100. Stiftungsfest des Corps Borussia zu Berlin, 1973; Gedächtnisfeier für Herrn v. S., in: Die Post, Nr. 202 vom 02.05.1910.
Archivalien: LHASA: Rep I 28, Nr. 582; Archiv der Fried. Krupp AG Essen: WA 4/2047; WA 131/167; K 16.9.
Bildquelle: *Archiv der Fried. Krupp AG Essen.
Werner Hohaus
letzte Änderung: 01.03.2005