Winkel, Gotthilf Gustav |
W., einziger Sohn eines Kanzleirates, absolvierte seine Schulausbildung in Pritzwalk, Wittstock und ab 1878 am Gymnasium in Greiffenberg/Pommern, studierte von 1879 an Rechtswissenschaften in Würzburg, Leipzig, Halle und Berlin und trat frühzeitig der corpsstudentischen Bewegung bei, deren begeisterter Anhänger er zeit seines Lebens blieb und deren Aktivitäten ihn bis ins hohe Alter auf vielfältige Weise begleiteten. 1884 legte er sein Referendarexamen in Naumburg ab, trat in den Staatsdienst und wurde vor seinem juristischen Staatsexamen 1890 in Berlin als Referendar in verschiedenen Landratsämtern eingesetzt. 1890 kam er als Assessor zunächst an das Landratsamt nach Neuhaldensleben und wechselte 1891 zur Regierung nach Magdeburg, wo er die Steuerabteilung absolvierte und anschließend neben dem Baupolizeidezernat das Eisenbahn- und Deichdezernat übernahm. W. wurde 1904 als Domänendezernent nach Kassel, 1908 in gleicher Eigenschaft nach Köslin und 1911 an die Regierung nach Königsberg versetzt, wo er bis zu seiner Pensionierung 1918 tätig war. W. siedelte anschließend als Schriftleiter der Deutschen Corpszeitung nach Marburg über, legte dieses Amt bereits 1920 nieder und befaßte sich in der Folge in verdienstvoller Weise mit der Bearbeitung von Mitgliederlisten und Geschichten verschiedener deutscher Studentencorps. Seit 1898 für die Gebirgswelt der Alpen begeistert, gründete W. in Kassel einen Wanderbund sowie in Köslin und Königsberg eine Sektion des Deutschen Alpenvereins, deren Vorsitz er jeweils übernahm. In Magdeburg stand W. in engem Kontakt mit dem Kunstgewerbeverein und dessen Sekretär Ludwig Clericus, der W. nachhaltig zu Forschungen im Bereich der Kommunalheraldik und zum Gewerbe und Kunstgewerbe in der Heraldik anregte. Ergebnisse seiner Bemühungen legte W. 1894 in einer vielbeachteten Studie über “Die Wappen und Siegel der Städte, Flecken und Dörfer der Altmark und Prignitz” vor. Nach Clericus’ Tod übernahm er kurzzeitig die Schriftleitung der Vereinszeitschrift Pallas und publizierte 1896, gestützt auf die umfangreichen Materialien aus Clericus’ Nachlaß, den Band “Gewerbe und Kunstgewerbe in der Heraldik”. Er hielt Vorträge im Altmärkischen Geschichtsverein und anderen Vereinigungen und war während seiner Magdeburger Zeit langjährig als Mitarbeiter der Akademischen Monatshefte tätig. W. entfaltete bereits während seiner Studentenzeit eine akribische Sammlertätigkeit von allerlei Kuriosa wie Zündholzschachtel-Etiketten, Speisekarten, Geldbeuteln, Pulverhörnern, Corpsbändern und -mützen, Helmen etc. und verfügte über mehr als 30 z.T. sehr umfangreiche Sammlungen verschiedener Gegenstände dieser Art. Bekanntheit erlangte er als Wiederentdecker und bedeutendster systematischer Sammler von seidenen Widmungs- und Gedenkbändern, die Ereignisse der vaterländischen Geschichte in kurzen gereimten Versen und allegorischen Darstellungen feierten und seit dem siebenjährigen Krieg zu besonderen Anlässen hergestellt wurden.
Werke: s. o.; Fürst Bismarck als Deichhauptmann, 1903; Lebensbild eines preußischen Verwaltungsbeamten (Selbstbiographie), in: Max F. Erckert, Chronik des fränkischen Geschlechts Erckert, 1971, 314–318 (B).
Nachlaß: Museum Weißenfels.
Literatur: KLK, 1909; KGL, 1925; Wer ist’s 10, 1935; Pallas. Zs. des Kunstgewerbevereins zu Magdeburg 13, 1892, 25f. (Chronik); Herbert Kater, Geheimer Regierungs-Rat G. G. W., in: Einst und jetzt. Jb. des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung 28, 1983, 185–194 (B); Konrad Vanja, Vivat-Vivat-Vivat! Widmungs- und Gedenkbänder aus drei Jahrhunderten, 1985, 30ff.; Jürgen Arndt u. a. (Hg.), Biographisches Lexikon der Heraldiker, 1992, 592.
Guido Heinrich