Steuben, Hasso
Liborius von |
S., entfernt verwandt mit dem berühmten General Friedrich Wilhelm v. S. (geb. 1730 Magdeburg, gest. 1794 Oneida Country, USA), entstammte einer Offiziersfamilie. In seiner Herkunft lag sicherlich S.s große Liebe zur Geschichte und sein Interesse an militärhistorischen Vorgängen begründet, woraus sich auch seine spätere Vorliebe für die Gestaltung historischer Rollen erklärt. S. wuchs in Dessau auf und besuchte dort die Schule. Entgegen den Erwartungen seiner Familie wurde er nicht Berufsoffizier, sondern Schauspieler. Nach dem Abitur bestand er die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Schauspielkunst in Frankfurt/Main. Die Einberufung zum Kriegsdienst verhinderte zunächst das Studium. Während seines Kriegseinsatzes nutzte er alle sich bietenden Gelegenheiten, um sich schauspielerisch zu betätigen. So gründete er in Frankreich das erste “Fronttheater”, dessen Leiter er wurde. Später bezeichnete er dies als seine “Intendantenzeit”. Als S. 1943 nach einem Granatangriff seinen linken Unterarm verlor, schien sein Berufswunsch in unerreichbare Ferne gerückt zu sein. Mit unglaublicher Energie, großem Ehrgeiz und viel Selbstdisziplin meisterte er fortan alle Situationen des Lebens. Nach amerikanischer Kriegsgefangenschaft arbeitete S. zunächst in einer Kleiderfabrik in Greiz. In Weimar besuchte er die Schauspielschule und nahm privaten Schauspielunterricht. Dann wurde er Sprecher beim Mitteldeutschen Rundfunk, Sender Leipzig. Da sein Adelstitel für sein weiteres berufliches Fortkommen hinderlich war, trat er nunmehr unter dem Künstlernamen “Hans-Hasso Steube” auf. Seinem ersten Engagement am Stadttheater Greiz (1947) folgten weitere am Mecklenburgischen Landestheater Wismar und an der Volksbühne Parchim. Im August 1950 kam S. an das Magdeburger Theater. Die Historie der Stadt und das kurz vor der Wiedereröffnung stehende Zentraltheater waren für seine Entscheidung ausschlaggebend. Er wurde zunächst als Jugendlicher Held und Liebhaber verpflichtet. Durch sein großes schauspielerisches Können und seine enorme Wandlungsfähigkeit avancierte er bald zu einem Allround-Darsteller. Es gab kaum ein Schauspiel, in dem S. nicht besetzt wurde, kaum eine Rolle, die er nicht gespielt hat. In den fast 50 Jahren, die er seinem Magdeburger Theater die Treue hielt, war er in mehr als 200 Rollen zu sehen. Ob als Wilhelm Tell, Götz, Tellheim, Wilhelm von Oranien, von Ziethen oder Bismarck – immer wieder beeindruckte er durch sein Spiel das Publikum. Allein als Faust stand er 50 mal auf der Bühne. Im Zusammenspiel mit seinem langjährigen Freund und oftmaligen Bühnenpartner Klaus Glowalla zogen beide alle Register ihres komödiantischen Könnens und begeisterten mit ihrem Spiel das Publikum. Seine markante, unnachahmliche Stimme wurde im Laufe der Jahrzehnte zu seinem Markenzeichen. In der Rolle als Tod bei den “Jedermann”-Aufführungen im Remter des Domes ließ sein Jedermann-Ruf aus den Höhen des Domes die Zuschauer ergriffen lauschen und erschauern. Lediglich sein Wunsch, einmal den Othello zu spielen, blieb unerfüllt. Im Genre der Operette und des Musicals fühlte sich S. ebenso zu Hause. Die Ernsthaftigkeit, mit der S. sein Rollenstudium betrieb, ließen ihn nie den Spaß am schöpferischen Spiel und Gestalten vergessen. Bei mehr als 20 Inszenierungen führte er Regie, so z. B. bei Schillers “Parasit” (1955, Stadttheater), Scribes “Glas Wasser” (1958, Kammerspiele) oder Molieres “Der Geizige” (1964, Großes Haus). Kinder und jugendliches Publikum an das Theater heranzuführen und für das Theater zu begeistern, war ihm von jeher ein besonderes Anliegen. So entstand eine Vielzahl spannender Inszenierungen, besonders im neu gegründeten “Theater für junge Zuschauer”. Hohe Vorstellungszahlen und gute Auslastungen dokumentieren seine erfolgreiche Arbeit auch auf diesem Gebiet. Neben seiner Theaterarbeit wirkte S. in verschiedenen DEFA-Spielfilmen und in Fernsehproduktionen mit, in den Synchronstudios war er ein gefragter Gast. S. engagierte sich in besonderer Weise im gesellschaftlichen und öffentlichen Leben für die Stadt Magdeburg. Er war Mit-Initiator der Magdeburger Halbkugelversuche, die er als “Ratsherr” oft begleitete, Mitbegründer, Regisseur und Leiter eines mehrfach ausgezeichneten Arbeitertheaters, Leiter eines dramatischen Zirkels, sach- und fachkundiger Sprecher auf der Pferderennbahn und immer wieder ein gefragter Rezitator. Seine Arbeit wurde durch viele hohe Auszeichnungen und Ehrungen anerkennend gewürdigt. Anläßlich seines 50jährigen Bühnenjubiläums wurde S. als Nestor des Schauspiels 1998 zum Ehrenmitglied des Theaters der Landeshauptstadt Magdeburg ernannt. Er war ein glaubhafter Repräsentant “seines” Magdeburger Theaters und hat durch sein verdienstvolles Wirken ein bedeutendes Stück Magdeburger Theatergeschichte mitgeschrieben.
Literatur: Archiv des Theater der Landeshauptstadt Magdeburg.
Bildquelle: *ebd.
Manfred Michael