Bode, Arnold Wilhelm
von (seit 1914) |
B. gilt auch gegenwärtig als die legendärste und bedeutendste Gestalt des deutschen Museumswesens des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. 57 Jahre lang widmete er sich den Berliner Museen, deren Entwicklung zu einem der berühmtesten Museumskomplexe der Welt er durch seine Tätigkeit als Kunsthistoriker und Museumsleiter nachhaltig und entscheidend prägte. Der im nördlich von Magdeburg gelegenen Calvörde, einer braunschweigischen Enklave, geborene Juristensohn verlebte seine Kindheit ab 1847 in Schlewecke, einem Ortsteil von Bad Harzburg, besuchte die Dorfschule und ab 1854 das Gymnasium in Braunschweig, studierte 1864–67, der Familientradition folgend, Rechtswissenschaften in Göttingen und Berlin und legte 1867 das juristische Staatsexamen in Braunschweig ab. Die Auditorenzeit nutzte er konsequent, um einen Berufswechsel vorzubereiten, studierte ab 1869 Kunstgeschichte in Berlin und Wien, promovierte 1870 und trat 1872 eine Stellung als Assistent an der Skulpturen-Abteilung der Berliner Museen an. 1883 wurde er Direktor dieser Abteilung, 1890 auch Direktor der Gemäldegalerie und avancierte 1905 zum Generaldirektor. 1920 trat er formell von seinen Ämtern zurück, betreute jedoch bis kurz vor seinem Tode die von ihm geleiteten Ressorts kommisarisch weiter. Auf der Basis eines genialen Kunstverständnisses schuf er mit Unterstützung des preußischen Herrscherhauses durch zielgerichtete und umfangreiche Ankäufe in nahezu allen künstlerischen Bereichen Sammlungen von Weltruf, für deren Unterbringung er große Neubauten durchsetzte (Kaiser-Friedrich-Museum, Pergamon-Museum, Museumsbau in Dahlem). Der streitfähige B., oft selbst Mittelpunkt heftiger Auseinandersetzungen, erbrachte mit seiner umfangreichen Publikationstätigkeit zudem einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung der deutschen Kunstwissenschaften und bestimmte durch persönlichen Rat bei Erwerbungen, Schenkungen und Leihgaben, Mitarbeit bei Katalogen u.v.m. die deutsche Museumspolitik seiner Zeit wie kein anderer. Seine Anregungen zur Gestaltung einer modernen Museumslandschaft wurden auch in Magdeburg aufgenommen. B., der sich mehrfach in Magdeburg aufhielt, stand seit 1892 mit dem späteren Direktor des 1906 in Magdeburg eröffneten Kaiser-Friedrich-Museum, Theodor Volbehr, mehr als eineinhalb Jahrzehnte in engem brieflichen Kontakt und beriet diesen bei der Erweiterung der städtischen Sammlungen durch Ankäufe auf dem internationalen Kunstmarkt. Zahlreiche auserlesene kunstgewerbliche Gegenstände und Möbel des 15. und 16. Jahrhunderts sowie bedeutende Privatsammlungen aus Goslar und Konstantinopel kamen durch B.s Hilfe und Vermittlung nach Magdeburg. Auch das von B. in Berlin neu entwickelte Prinzip der Einrichtung von Stilräumen zur umfassenden musealen Veranschaulichung einer Epoche wurde bereits früh in dem von Volbehr ausgearbeiteten Magdeburger Museumskonzept umgesetzt, ausgehend von und in Ergänzung zur Lokalgeschichte auch “die Kultur jeder bedeutsamen Epoche in einem geschlossenen, eindrucksvollen Bilde zu zeigen: in Wohnräumen vom Mittelalter bis zur Gegenwart” (Museumsführer Magdeburg, 1906).
Werke: Studien zur Geschichte der holländischen Malerei, 1883; Hdb. der italienischen Plastik, 1891, 71922; Denkmäler der Renaissance-Skulptur Toskanas, 1892–1905; Rembrandt-Werk (8 Bde), 1897–1905; Rembrandt und seine Zeitgenossen, 1906; Italienische Bronzestatuetten (3 Bde), 1906–1912; Mein Leben (2 Bde), 1930; zahlreiche wissenschaftliche Abh. in Fachzss.
Nachlaß: Zentralarchiv Museumsinsel Berlin.
Literatur: NDB 2, 347f.; Theodor Volbehr, Führer durch das Kaiser Friedrich-Museum der Stadt Magdeburg, 1906; W. v.B. Museumsdirektor und Mäzen. W. v. B. zum 150. Geburtstag, 1995 (*B); W. v.B. als Zeitzeuge der Kunst. Ausstellungskat. Berlin 1995 (B); Manfred Ohlsen, Zwischen Kaisermacht und Kunsttempel. Biographie, 1995; Karlheinz Kärgling, Ein neuer Zugang zur internationalen Museumsszene, in: Magdeburg. Porträt einer Stadt, 2000, 531ff.
Guido Heinrich