Schäffer, Bernhard |
S.s Vater, einer westfälischen Bauernfamilie entstammend, war Besitzer einer Kolonialwarenhandlung in Gohfeld. Nach dessen frühem Tod war es S.s älterer Bruder, der sich um den heranwachsenden Knaben kümmerte. Er war es auch, der ihm eine Lehrstelle in Berlin bei dem Mechanikermeister Oertling vermittelte. Kurz nach Beginn seiner fünfjährigen Lehrzeit 1838 hatte der technisch sehr interessierte S. mit der Inbetriebnahme der ersten preußischen Eisenbahn von Berlin nach Potsdam ein für seine weitere Entwicklung prägendes Erlebnis. Dabei interessierten ihn in erster Linie die Meßinstrumente auf der Lokomotive, da auch in der Werkstatt seines Lehrmeisters feinmechanische Instrumente gebaut wurden. Ab 1843 befaßte er sich in Magdeburg, in einer Feinmechanikerwerkstatt beschäftigt, mit der Weiterentwicklung dieser Instrumente. Bei der Instandsetzung von bisher verwendeten Quecksilber-Druckmessern für Lokomotiven erkannte er schnell Mängel und Nachteile und versuchte deshalb, auf anderer Grundlage einen Druckmesser zu bauen, der den Erschütterungen des Eisenbahnbetriebes gewachsen war. Seine Bestrebungen führten zur Erfindung des Plattenfeder-Manometers, auf welches ihm Ende 1849 sein erstes preußisches Patent erteilt wurde. Im Frühjahr des nächsten Jahres schlossen S., sein Schwager Christian Friedrich Budenberg und der Mechanikermeister Franz Primavesi einen Gesellschaftervertrag unter dem Namen Schäffer & Co. Mechanische Werkstatt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten durch die deutschen Behörden und einem daraus resultierenden Umweg über England – Budenberg ließ durch seinen Bruder das Manometer dort patentieren – wurden die Produkte, die dann an englischen Lokomotiven und Maschinen nach Deutschland kamen, schließlich auch von den deutschen Behörden zugelassen. 1852 schied Primavesi aus der Firma aus, und das Unternehmen firmierte als Schäffer & Budenberg neu. In Ermangelung geeigneter Maschinen wurden die benötigten Präzisionsapparaturen frühzeitig im eigenen Betrieb hergestellt. Bald fertigte die Firma neben den Manometern das gesamte Sortiment technischer Meßgeräte und Armaturen zum Betreiben von Dampfkessel- und Maschinenanlagen. Nach dem Umzug der Firma nach Buckau 1858 begann die fabrikmäßige Produktion der von S. entwickelten Produkte, die schon bald den internationalen Standard verkörperten. S., der Gründungsmitglied des 1857 instituierten VDI-Bezirksvereins für Magdeburg und Umgebung war, leistete mit seiner Geradlinigkeit, dem Sinn für Genauigkeit im Bereich der Bruchteile von Millimetern einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Präzisionsarbeit im deutschen Maschinenbau.
Literatur: 75 Jahre S. & Budenberg, 1925; 1850–1940 – Fs. der Firma S. & Budenberg, 1940; (B); 100 Jahre Wertarbeit. Geräte- und Armaturenwerk Magdeburg vormals S. & Budenberg, 1950 (*B).
Horst-Günther Heinicke