Sorge, Kurt, Dr.-Ing. E.h., Dr. rer. pol. h. c.
geb. 28.07.1855 Zwickau,
gest. 09.09.1928 Berlin,
Diplom-Ingenieur, Direktor.

Der aus einer Technikerfamilie stammende S. besuchte die Bürgerschule in Zwickau, danach die Realschulen I. Ordnung in Chemnitz und Dresden und schloß diese 1873 mit der Reifeprüfung ab. Ein anschließendes Studium an der Bergakademie Freiberg beendete er 1877 mit dem Diplom eines Eisenhütteningenieurs. 1877–79 war er als Chemiker und Hilfsingenieur auf der Ilsederhütte Peine, 1879–82 als Chemiker und Betriebsassistent auf der Georg Marienhütte, 1887–88 als technischer Beirat der Firma Spaeter in Koblenz und 1888–93 als Direktor der Rombacher Hütte tätig. Mit diesen Referenzen trat er 1893 in die Dienste des Fried. Krupp Grusonwerks Magdeburg ein, wurde 1895 Prokurist und 1899 Mitglied des Direktoriums sowie Vorsitzender der Direktion. Er führte dieses Unternehmen weitblickend, gepaart mit seinen wirtschaftlichen und technischen Kenntnissen und Erfahrungen sowie einer unermüdlicher Tatkraft, jedoch auch mit einer gewissen Großzügigkeit zu großem Erfolg. S. leitete ein Unternehmen, das neben dem Stammbetrieb in Essen zu den größten Schwermaschinenbaubetrieben Deutschlands zählte. Bereits 1902 besaß es eine Werkfläche von 29,6 ha, wovon 9,3 ha überbaut waren. Im metallurgischen Bereich waren 15 Kupolöfen, 2 Martinöfen, 1 Dolomitbrennofen, 28 Tiegelöfen, 6 Gasschmelzöfen, 4 Temperöfen, 11 Härteöfen und 13 Glühöfen untergebracht. Alle Hallen, u. a. die des Zerkleinerungsmaschinenbaus I, II und III sowie in der Panzerfräserei und -montage, waren mit durchlaufenden Transmissionswellen ausgerüstet, mit denen 1.477 Werkzeugmaschinen von insgesamt 66 Dampfmaschinen mit einer Antriebsleistung von 2.015 PS in Bewegung gesetzt wurden. Zum Transport der bis zu 100 t schweren und bis zu 1.250 mm dicken gußeisernen Panzer-, Küsten- und Binnenbefestigungen standen 15 hydraulische Bockkrane bereit. In den Fertigungs- und Montagehallen wurden u. a. Zerkleinerungs- und Erzaufbereitungsanlagen, Salz- und Ölmühlen, Weichwalzwerke zur Herstellung von Linoleum-, Celluloid- und Gummifabrikaten, Walzwerke und Preßeinrichtungen für die Metallbearbeitung, Einrichtungen zur Herstellung von Kabeln jeder Art und Krananlagen sowie Verladeeinrichtungen für Massengüter und Eisenbahnwagenkipper, aber auch Ausrüstungen für die Errichtung von Pulverfabriken produziert. Dazu wurden 162 Laufkräne, 10 Bockkrane, 3 fahrbare Dampfkrane, 14 Aufzüge und über 100 sonstige Hebeeinrichtungen eingesetzt. S. verfügte die Erweiterung des Stahlwerkes sowie den Bau und die Erweiterung der Rädergießerei und Schmiede und setzte die Zivilproduktionsumstellung unter Beibehaltung der Beschäftigtenzahlen sowie die bereits 1903 vorgenommenen Umwandlung des Werkes in die Fried. Krupp AG Grusonwerk Magdeburg durch. Er wurde 1919 Mitglied und 1925 stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der Fried. Krupp AG in Berlin, zudem Mitglied des Aufsichtsrates der Leipziger Messe- und Ausstellungsgesellschaft AG sowie Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Kreditversicherungs-AG. 1902 übernahm er den Vorsitz des Verbandes der Magdeburger Metallindustriellen und wurde danach Vorstandsmitglied des Gesamtverbandes Deutscher Metallindustrieller. Neben diesen Aufgaben versah S. auch zunehmend höchste Ehrenämter. Mit der Übernahme des Vorsitzes des VDI 1910–11 schuf er das Fundament für den Aufschwung, den dieser Verein in den späteren Jahren nahm, und besaß auch wesentlichen Anteil an der Errichtung des Ingenieurhauses. 1915 übernahm er den Vorsitz des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten und blieb anschließend bis zu seinem Ausscheiden 1925 Ehrenmitglied. Während des I. Weltkrieges koordinierte er in hervorragender Weise als Chef des technischen Stabes des Kriegsamtes die deutsche Industrie. 1917–24 war er der Vorsitzende der Vereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände und später Ehrenmitglied sowie 1919–25 Vorsitzender der Reichsverbände der Deutschen Industrie und anschließend ihr Ehrenpräsident. Nicht unerwähnt darf sein Einsatz als Mitglied des Wirtschaftsrates und 1920–28 als Mitglied des Reichstages (Deutsche Volkspartei) bleiben. Für seine Leistungen um die Entwicklung der deutschen Technik und Wirtschaft wurde er von der Technischen Hochschule Dresden 1924 zum Dr. Ing. und der Universität Bonn 1925 zum Dr. rer. pol. ehrenpromoviert. S. zählte zu den großen fähigen Ingenieuren und Wirtschaftsführern der Nachkriegsjahre des I. Weltkrieg. Er hat hervorragende praktische und wissenschaftliche Verdienste um die Entwicklung des Eisenhüttenwesens und war der Führer der deutschen Großgewerbe in der Kriegs- und Übergangswirtschaft sowie Mitbegründer der Massenfertigung.

Werke: Die Entwicklung der deutschen Eisenindustrie in den letzten 25 Jahren, in: VDI Monatszs. 7, H. 6, 1914.

Literatur: DBJ 10; Reichstags-Hdb. 1920, 33; Georg Wenzel (Hg.), Deutsche Wirtschaftsführer, 1929; Fried. Krupp AG Magdeburg-Buckau, Als Erinnerungsschrift gewidmet, 1903; Fried. Krupp AG Grusonwerk Magdeburg-Buckau, 1905; Walter Hillmann, K. S. †, in: Zs. Stahl und Eisen 48, H. 39, 1928, 1391f.; N. N., Dr. K. S. †, in: Kruppsche Mitteilungen, Nr. 20 vom 21.09.1928; Ehrung der Jubilare des KGW zur 75 Jahrfeier des Krupp/Grusonwerks Magdeburg, in: Nach der Schicht, Juli 1930; Martin Lichtenberg, Entwicklungstendenzen in der Magdeburger Industrie, Diss. 1934, 42.

Archivalien:  LHASA: SA Rep I 409; Archiv der Fried. Krupp AG Essen: WA Xa 3, 117, 42.

Bildquelle: *Archiv der Fried. Krupp AG Essen.

Werner Hohaus

letzte Änderung: 01.03.2005