Koch, Johann Friedrich Wilhelm, Dr.
theol. h.c. |
Der einer Kaufmannsfamilie aus Braunschweig entstammende K. erhielt nach dem frühen Tod seines Vaters (1761) eine zureichende Schulausbildung erst ab 1771 in der Domschule Magdeburg und von 1772 bis 1775 am Pädagogium des Klosters Berge bei Magdeburg. Er absolvierte von 1777 bis 1779 das Theologiestudium an der Universität Halle und unterrichtete anschließend als Lehrer an der Magdeburger Domschule. 1780 berief Gotthilf Sebastian Rötger ihn als Lehrer an das Pädagogium des Klosters Unser Lieben Frauen zu Magdeburg, wo er in ungewöhnlicher Vielfältigkeit alte Sprachen (Griechisch, Hebräisch und Latein), Naturwissenschaften (Physik, Physiologie, Mathematik) und Musik unterrichtete. K. praktizierte während seiner Lehrzeit am Kloster Unser Lieben Frauen den Unterricht mit Hilfe der “Basedowschen Kupfertafeln” – ein Indiz dafür, daß er sich den schulreformerischen Bestrebungen der Zeit, dem Philanthropismus und seinem Vordenker Basedow, experimentell zugewandt fühlte. 1785 wurde K. in den Konvent des Pädagogiums des Kloster Unser Lieben Frauen gewählt und zum Rektor ernannt. Seit 1782 widmete sich K. zudem der Magdeburger Handlungsschule, deren Direktor er von 1802 bis 1807 war. 1792 nahm K. eine Berufung zum dritten Prediger an die St. Johannis-Kirche in Magdeburg an, wurde hier 1807 zum zweiten Prediger und 1810 zum zweiten Prediger am Dom zu Magdeburg berufen. 1812 avancierte er zum Superintendenten der ersten Magdeburgischen Diözese. Als Mitglied des Magdeburger Gemeinderates (seit 1808), als Mitglied des Konsistoriums (seit 1814), als Konsistorial- und Schulrat der Kirchenprovinz Sachsen (seit 1816) sowie als Mitdirektor des Bürgerrettungsinstitutes (seit 1824) war K. in führenden Positionen tätig, die ihm erlaubten, das kulturelle und geistige Leben Magdeburgs zu Beginn des 19. Jahrhunderts nachhaltig zu beeinflussen. Als vielseitig ausgebildeter und interessierter Pädagoge und Wissenschaftler entfaltete K. eine rege schriftstellerische Tätigkeit, die neben zahlreichen Predigten, Reden, Gelegenheits- und Schulschriften auch umfangreiche Werke zur Botanik, Musik, Arithmetik und Schachspielkunst umfaßte. Der musikbegeisterte K. gab u. a. 1814 eine “Gesangslehre” (21825) heraus, in der er ein von ihm vervollkommnetes Ziffernsystem für den Gesangsunterricht an Volksschulen vorstellte, das sich in der Folge durchsetzte und jahrzehntelang in der musikpädagogischen Praxis bewährte. Für seine Verdienste verlieh ihm die theologische Fakultät der Universität Halle 1829 die theologische Ehrendoktorwürde.
Werke: Botanisches Hdb. für teutsche Liebhaber der Pflanzenkunde überhaupt und für Gartenfreunde, Apotheker und Oekonomen insbesondere (3 Bde), 1797–1798, 31824–1826; Die Schachspielkunst, nach den Regeln und Musterbeispielen des Gustav Selenus etc. (2 Bde), 1801–1803; Mikrographie, 1803; Anleitung für Lehrer in Elementarschulen zu einem wirksamen Selbstunterrichte, 1813, 21817; Der Dom zu Magdeburg, 1815; Tausendjähriger Kalender, 1824.
Literatur: Neuer Nekr 9, 1833, 200–204; Hamberger/Meusel, Bde 4, 10, 14, 18, 23; Jb. des Klosters Unser Lieben Frauen zu Magdeburg 1793; Kerstin Dietzel, J. F. W. K. – Leben und Wirken eines Magdeburger Pädagogen und Theologen, in: Matthias Puhle/Renate Hagedorn (Hg.), Zwischen Kanzel und Katheder. Das Magdeburger Liebfrauenkloster vom 17. bis 20. Jahrhundert, 1998, 47–52 (*B).
Bildquelle: Tobias von Elsner, Alles verbrannt? Die verlorene Gemäldegalerie des Kaiser-Friedrich-Museum Magdeburg, 1995.
Kerstin Dietzel
letzte Änderung: 09.02.2005