Weidel, Karl, Prof.
Dr. phil. |
Der Sohn des Rechnungsrates Hermann W. besuchte zunächst das Elisabeth-Gymnasium in Breslau und studierte an der dortigen Universität von 1893 bis 1900 evangelische Theologie, Philosophie und Germanistik. 1898 und 1899 bestand er die beiden theologischen Prüfungen und erwarb Mitte 1899 auch die Lehrbefähigung für Religion, Hebräisch und Deutsch. Ende 1900 trat W. in das Kandidatenkonvikt am Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen ein und war hier bis September 1902 tätig. Nach der wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen arbeitete W. von 1902 bis 1918 als Oberlehrer und Professor (seit 1914) am Pädagogium des Klosters Unser Lieben Frauen. Zudem oblag ihm zu Beginn die Inspektion des Alumnats. 1903 promovierte er in Breslau mit einer Dissertation über “Mechanismus und Teleologie in der Philosophie Lotzes”. Seit 1918 Studiendirektor und später Oberstudiendirektor, leitete er bis 1926 die Magdeburger Luisen- Schule, ein Mädchenlyzeum. Während dieser Zeit baute W. nebenamtlich das städtische Volksbildungswesen auf, das die Volkshochschule, die Volksbühne sowie Hochschulwochen des Verbandes akademischer Vereine umfaßte. In Magdeburg wurde W. in diesem Zusammenhang vielen vor allem durch seine Goethe-Vorträge bekannt, die im Rahmen des Programms der Volkshochschule stattfanden. Bis zu 2.000 Hörer nahmen an ihnen teil, weshalb man sie in die Ulrichskirche verlegte. W. unterhielt zudem enge Beziehungen zum preußischen Kultusminister Carl Heinrich Becker, der mit seiner Hilfe das Bildungswesen der Volksschullehrer in Preußen neu organisierte (vgl. “Die neue Lehrerbildung in Preußen”, 1928). 1926 wurde W. zunächst mit der kommissarischen Leitung der Pädagogischen Akademie in Elbing/Schlesien betraut und dort 1927 zum Akademiedirektor und Professor für Pädagogik und Philosophie ernannt. Von 1929 bis 1932 fungierte er als Direktor und Professor für Pädagogik an der im Aufbau befindlichen Pädagogischen Akademie in Breslau und 1931/32 als Vorsitzender des Verbandes der Lehrer an den Preußischen Pädagogischen Akademien e.V. Nach der Schließung der Akademie kehrte er 1932 als Direktor des Vereinigten Dom- und Klostergymnasiums und Nachfolger von Wilhelm Bruns nach Magdeburg zurück. Die Leitung der durch die 1928 erfolgte Zusammenlegung des Domgymnasiums mit dem Pädagogium am Kloster Unser Lieben Frauen geschaffenen Schule legte er 1937 nieder. Damit verband sich für ihn der Wunsch, die Bedeutung des Klosters zu stärken. Auf seine Initiative hin wurde deshalb bereits 1935 ein Referendarheim für Religionslehrer im Kloster eingerichtet. Es war der Nachfolger des Kandidatenkonvikts, das bald nach 1920 geschlossen worden war. Der als “Musterlehrer” geltende W. trat 1937 altersbedingt in den Ruhestand, kehrte jedoch mit Beginn des II. Weltkrieges und des damit verbundenen Lehrermangels an das Dom- und Klostergymnasium zurück. W. gehörte von 1932 bis zu seiner Auflösung 1937 dem Rotary-Club Magdeburg zuletzt als Vizepräsident (1936/37) an und war Mitglied der Kant-Gesellschaft sowie der Akademie gemeinnütziger Wissenschaft zu Erfurt.
Werke: Jesus und Paulus, 1907; Jesu Persönlichkeit, 1908, 31921; Pessimismus und Religion, 1909; Weltbild und Religion, 1916; Goethes Faust. Eine Einführung in sein Verständnis, 21922; Das Kloster Unser Lieben Frauen zu Magdeburg, 1925 (mit Hans Kunze); Deutsche Weltanschauung. Ein Buch zur Selbstbestimmung, 1925; Deutschtum und Antike, 1928.
Literatur: Reichshdb 2, 2002 (B); Alfred Laeger, Gedenkschrift Dom- und Klostergymnasium Magdeburg 1675–1950, 1964, 17f., 49 (B); Alexander Hesse, Die Professoren und Dozenten der preußischen Pädagogischen Akademien (1926–1933) und Hochschulen für Lehrerbildung (1933–1941), 1995, 765f.; Matthias Puhle/Renate Hagedorn (Hg.), Zwischen Kanzel und Katheder. Das Magdeburger Liebfrauenkloster vom 17. bis 20. Jahrhundert, 1998, Kat.-Nr. 3.89, 3.91, 3.93.
Bildquelle: *StadtA Magdeburg: Nr. 18509.
Uwe Förster