Clausewitz, Carl Philipp Gottlieb von (seit 1827)
geb. 01.07.1780 Burg,
gest. 16.11.1831 Breslau,
Generalmajor, Militärtheoretiker.

C., dessen Geburtshaus die Nr. 813 hatte und in der späteren Großen Brahmstraße 15 stand, wurde am 09.07.1780 in der Kirche Unser Lieben Frauen (Oberkirche) zu Burg getauft. Mit fünf Geschwistern in armen Verhältnissen aufgewachsen, besuchte er die Stadtschule in der Klosterstraße, in der nach dem Heckerschen Elementarunterrichtsprogramm 70 Schüler zwischen sechs und sechzehn Jahren in drei Klassen in Grammatik, Rechnen und einführendem Latein unterrichtet wurden. Der Vater, Friedrich C., Leutnant im Siebenjährigen Krieg und nach seiner Verabschiedung königlich-preußischer Akzise-Einnehmer, hielt engen Kontakt zu den Offizieren der Burger Garnison, was auch den Umgang des Sohnes prägte. Zwölfjährig trat C. als Fahnenjunker in das Regiment “Fritz Ferdinand” in Neuruppin ein, in dem bereits sein älterer Bruder Wilhelm (später preußischer Generalleutnant) diente. Im Feldzug gegen Frankreich 1793 erhielt C. seine Feuertaufe und wurde im selben Jahr als Fähnrich preußischer Offizier. 21jährig wurde er an der Kriegsschule in Berlin zu Kursen in den militärischen Wissenschaften zugelassen. Hier war Gerhard von Scharnhorst sein Lehrer und Förderer. Auf dessen Empfehlung wurde C. 1803 Adjutant des Prinzen August von Preußen. Der sich nun in der Hofgesellschaft bewegende C. nutzte die Zeit, seine literarische, philosophische und militärwissenschaftliche Bildung zu erweitern und um mehrere kriegsgeschichtliche Studien zu schreiben. 1806 nahm C. als Stabskapitän und Adjutant des Prinzen August an der Schlacht von Auerstedt teil und geriet mit dem Prinzen in französische Kriegsgefangenschaft. Ende März 1808 ging er nach Königsberg, wohin der König und die wichtigsten Staatsbehörden bereits übergesiedelt waren. Mehr als drei Jahre wirkte C. im Zentrum der Reformpartei im preußischen Kriegsministerium und ab 1810 im Generalstab, zuletzt zum Major befördert. Er war Bürochef bei Scharnhorst und hatte dessen Dienstkorrespondenzen zu führen, die sich auf alle Fragen einer Heeresreform erstreckten. Die Erhebungs- und Aufstandspläne, die Gedanken des Volkskrieges waren es, die C. veranlaßten, seit 1810 auch an der Kriegsschule in Berlin Vorlesungen über “den kleinen Krieg” zu halten. Nach Unterzeichnung des Militärbündnisses zwischen Preußen und Frankreich am 24.02.1812 reichte C. mit gleichgesinnten Offizieren als preußischer Patriot, seine Existenz aufs Spiel setzend, sein Abschiedsgesuch ein. Dem in Ungnade gefallenen C. wurde der Prozeß gemacht und sein Vermögen konfisziert. Er verfaßte eine Denkschrift in der Form von “Drei Bekenntnissen” (1812), seine wohl wichtigste militärpolitische Ausarbeitung. C. ging als preußischer Major nach Rußland und erhielt in der russischen Armee ein Offizierspatent als Oberstleutnant. Als Generalstabsoffizier in wechselnden Stellungen kämpfte er im Feldzug von 1812 (Witebsk, Smolensk, Borodino), was für ihn zur wichtigsten Erfahrungsquelle wurde. C. führte als russischer Bevollmächtigter die Verhandlungen mit Johann David Ludwig von Yorck, dem späteren Grafen von Wartenburg, die zur Konvention von Tauroggen führten, nach deren Buchstaben das preußische Kontingent aus dem Krieg gegen Rußland ausschied, de facto jedoch sich auf Rußlands Seite schlug. Nach Fürsprache Scharnhorsts verfügte der König 1813 die Rückkehr C.’ in die preußische Armee nach Bewährung im anstehenden Kriege. 1813/14 gehörte C. als Generalquartiermeister der russisch-deutschen Legion an, wurde Chef des Generalstabes und nahm in dieser Stellung an dem wesentlich von ihm geleiteten Gefecht an der Göhrde teil. 33jährig zum kaiserlich-russischen Oberst befördert, wurde C. erst im März 1815 als Oberst in preußischen Dienste übernommen. Als Chef des Generalstabes des III. Armeekorps unter Johann Adolph von Thielmann leitete er im Feldzug von 1815 die Kämpfe bei Ligny und Wavre und war anschließend Chef des Generalkommandos am Niederrhein unter  Graf August Neidhardt von Gneisenau. 1818 bis 1830 hatte C. als Direktor der Kriegsschule in Berlin eine Stellung, in der er Zeit fand, sein umfangreiches wissenschaftliches Werk fortzusetzen. Nach kurzen Kommandierungen zur 2. Artillerieinspektion in Breslau und nach Berlin zum Generalstab von Gneisenau ging er im November 1831 abermals nach Breslau, um sein Werk zu vollenden. C. erlag, wie vor ihm Gneisenau, der Cholera. Seine Frau, Gräfin Marie von Brühl, Sekretärin wie Diskussionspartnerin, gab sein Werk “Vom Kriege” postum heraus. Dieses nimmt unter allen militärischen Schriften einen besonderen Platz ein. Es gehört zu den Standardwerken der Weltliteratur. C.’ Verdienst bleibt es, den Krieg auf den Begriff gebracht und ihn als “ein Instrument der Politik” erkannt zu haben. Mit seiner häufig falsch zitierten Definition “der Krieg ist nichts als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel” präzisierte er dessen politischen Charakter. Er stellte damit zugleich den Vorrang des Politischen gegenüber dem Militärischen fest. 1971 wurden die sterblichen Überreste C.’ und seiner Frau von Polen auf den Ostfriedhof in Burg überführt, und 1980 wurde auf dem Rolandplatz anläßlich des 200. Geburtstags eine Gedenktafel enthüllt. Das Pionierbataillon in Burg erhielt 1993 den Namen “C.-Kaserne”, und im Herbst 2000 öffnete die Clausewitz-Erinnerungsstätte im Elternhaus Schulstraße 12.

Werke: s.o.; Historische Briefe über die großen Kriegsereignisse im Oktober 1806, in: Minerva, ein Journal für Politik, Geschichte und Literatur, Bd. 1–2, 1807; Ueber das Leben und den Charakter von Scharnhorst, 1832; Hinterlassene Werke des Generals C. v.C. über Krieg und Kriegsführung (10 Bde), 1832–37.

Literatur: ADB 4, 285–296; NDB 3, 271–276; Kirche Unser Lieben Frauen Burg: Taufregister 1767–1791 (im Jahre 1780); Karl Linnebach (Hg.), C. und Marie v.C. Ein Lebensbild in Briefen und Tagebuchblättern, 1916; Gerhard Förster, Lebensbild eines patriotischen Militärs und fortschrittlichen Militärtheoretikers, 1983; Klaus Hilpert, Mitteilungen zum Lebensbild des Generals C. v.C., die mit der Stadt Burg verbunden sind, in: Magdeburger Blätter 1983, 42–45 (B); Gerhard Mittendorf, C. sen. als Bauherr in Burg, in: Volksstimme Burg vom 01.11.1997.

Archivalien: Kirche Unser Lieben Frauen Burg: Taufregister 1767–1791 (im Jahre 1780).

Bildquelle: *Clausewitz-Erinnerungsstätte, Burg.

Paul Nüchterlein