Bismarck-Schönhausen, Otto Eduard Leopold, Graf von (seit 1865),
Fürst (
seit 1871)
geb. 01.04.1815 Schönhausen/Kreis Jerichow II,
gest. 30.07.1898 Friedrichsruh,
Deichhauptmann, Reichskanzler.

B. entstammte einem Geschlecht, das in der Altmark und in Hinterpommern seine Wurzeln hat. Die Familie zog ein Jahr nach seiner Geburt nach Pommern. Er besuchte seit 1821 die Plamann’sche Erziehungsanstalt und das Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin, begann 1832 das Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Göttingen und Berlin, dem sich 1835 das Referendariat in der preußischen Verwaltung in Berlin anschloß. B. verließ 1839 den Verwaltungsdienst und übernahm als Landjunker das väterliche Gut Kniephof in Pommern. 1845 erbte er nach dem Tod des Vaters die Güter Kniephof und Schönhausen, verlegte seinen Wohnsitz nach Schönhausen, da er sich hier einen Einstieg ins öffentliche Leben erhoffte. “Ich soll hier mit der gewichtigen Charge eines Deichhauptmanns bekleidet werden, auch habe ich ziemlich sichere Aussicht, in den sächsischen Landtag [gemeint war der provinzialsächsische in Merseburg, Roswitha Willenius] gewählt zu werden”, wie er seiner Schwester im Februar 1846 schrieb. Das traf auch ein. Er ließ sich als Abgeordneter des Jerichower Kreises in den provinzialsächsischen Landtag wählen und übernahm 1846 das Amt des Deichhauptmanns an der mittleren Elbe. Ein entscheidender Grund für die Veränderungen im Lebensweg B.s war, daß er sich nun dem politischen Kreis um den Magdeburger Oberappellationspräsidenten Ernst Ludwig von Gerlach näherte. B. nahm bereits 1847 in Vertretung eines erkrankten Abgeordneten am Ersten Vereinigten Landtag Preußens in Berlin teil und rückte durch eine vielbeachtete Rede in die erste Reihe der konservativen Politiker auf. Während der Revolution von 1848/49 scheiterte zwar sein Versuch, die preußische Monarchie durch die Entsendung bewaffneter königstreuer Anhänger zu unterstützen, aber seine Treue blieb bei Hofe nicht ohne Eindruck. 1849 wurde der Schönhauser Gutsnachbar Ernst August Gaertner Vertreter für das Amt des Deichhauptmanns, da B. durch zunehmende politische Verpflichtungen an der Ausübung dieses Amtes gehindert war. Mit der Wahl B.s in das Erfurter Unionsparlament und seiner Entsendung 1851 als preußischer Gesandter, die eine Übersiedlung seiner Familie nach Frankfurt zur Folge hatte, überließ er Gaertner voll die Aufgaben als Deichhauptmann. B. vertrat von 1851 bis 1859 die preußischen Interessen auf dem Bundestag in Frankfurt/Main. Zeitweilig als Gesandter Preußens in Petersburg und Paris tätig, wurde er 1862 nach Berlin geholt, um im sogenannten Heeres- und Verfassungskonflikt zu vermitteln. Sein energisches Agieren zugunsten der Krone brachte vollends den politischen Durchbruch. Am 08.10.1862 wurde er zum preußischen Ministerpräsidenten und Minister für auswärtige Angelegenheiten ernannt. Er erreichte den Höhepunkt seines politischen Wirkens mit der Gründung des Deutschen Reiches am 18.01.1871 und der Übernahme der Reichskanzlerschaft. Bis zu seinem Ausscheiden 1890 setzte er die entscheidenden Akzente in der deutschen Innen- und Außenpolitik.

Literatur: NDB 2, 268–277; Lothar Gall, B. Der weiße Revolutionär, 1980; Ernst Engelberg, B. Urpreuße und Reichsgründer, 1985; ders., B. Das Reich in der Mitte Europas, 1990; WolfgangHassel/Mathias Tullner: O. v. b. Deichhauptmann an der Mittelelbe. Ausgewählte Quellen, 1998.

Bildquelle: *Arthur Mennel/Bruno Garlepp, B.-Denkmal für das deutsche Volk, 1895, 267.

Roswitha Willenius