Johannsen, Elsa-Christa Betti Luise, Dr. phil.
geb. 17.11.1914 Halberstadt,
gest. 09.04.1981 Magdeburg,
Schriftstellerin, Publizistin.

Nach Schulbesuch und Abitur in Halberstadt studierte J., Tochter eines Architekten, Philosophie, promovierte in Berlin und lehrte nach 1945 als Dozentin an der Fachschule für Bauwesen in Blankenburg/Harz und wurde Mitglied der CDU. Vor 1945 Mitglied des Schutzverbandes Deutscher Autoren, nahm sie 1947 am 1. Deutschen Schriftstellerkongreß in Berlin teil. Seit 1956 arbeitete sie als freischaffende Schriftstellerin, Übersetzerin und Mitarbeiterin der Zeitung Neue Zeit in Magdeburg. 1959–62 lieferte sie Beiträge für die Zeitschrift Ernte und Saat. Kalender für die christliche Familie. Den Vorstand des Schriftstellerverbandes im Bezirk Magdeburg, dem Walter Basan, Heinz Kruschel, Martin Selber und Klaus Wolf angehörten, leitete sie von 1963 bis 1969. Intensiv kümmerte sie sich um den Nachwuchs und um die Leseförderung, leitete seit 1973 Zirkel schreibender Arbeiter und die Gruppe Junge Prosaisten der FDJ. J. erhielt mehrere Auszeichnungen, u. a. den Erich-Weinert-Preis der Stadt Magdeburg (1974), die Johannes-R.-Becher-Medaille in Silber (1966), die Ernst-Moritz-Arndt-Medaille, den Lion-Feuchtwanger-Preis der Akademie der Künste (1974) und den Vaterländischen Verdienstorden der DDR in Bronze (1979). Von ihr erschienen in verschiedenen Verlagen Romane, Erzählungen und Reportagen, zudem zahlreiche publizistische Arbeiten in Zeitschriften und Zeitungen. Mit ihrem umfangreichen Roman “Leibniz” (1966, 61976), der ursprünglich “Aufschwung in den Kosmos” hieß, leistete sie einen wichtigen Beitrag zur Gattung des historischen Romans. In dem Erzählungsband “Der große wunderbare Fisch” (1974) wie schon in der Traumerzählung “Der Flug nach Zypern” (1969) gestaltete sie besonders das Soziale und das Moralische. Autobiographisch gefärbte Erzählungen über Herkunft und Elternhaus gaben Auskunft über das Woher und Wohin. J. war stets bestrebt, im Sinne Erich Mühsams ‚Gedächtnis’ zu lehren, auch dann, wenn sie Kriminalromane schrieb. Einen letzten Höhepunkt erreichte sie mit dem autobiographischen Roman “Zeitverschiebungen” (1979, 21981), der kaleidoskopartig geschrieben ist und in dem viele Partikel miteinander zu spielen scheinen. Ihr Credo lautete: “Bekennen, was gewesen ist. Und überwinden, wenn’s auch schwer fällt … Jedermanns Biographie geht alle an.” Sie ging in ihren Arbeiten, die Reportagen einschlossen, historischen Vorgängen sowie aktuellen Ereignissen und Bezügen nach und schrieb gegen die Geschichtslosigkeit ihrer Zeit an. Zuweilen lud sie westdeutsche Autoren ein (Horst Krüger, Geno Hadlaub), erweiterte ständig ihre Weltsicht, liebte Sibirien und die USA und nahm es in Kauf, ohne Visum die USA zu besuchen auf den Spuren Albert Einsteins, dem ihr letztes Werk, das sie nicht mehr vollenden konnte, gewidmet sein sollte. Müde geworden, starb sie allein in ihrer kleinen Magdeburger Wohnung. Es ‚peinigte’ sie bis zum Schluß, immer noch eine Aufgabe zu haben. So wurde das Buch “Zeitverschiebungen” zu ihrem Vermächtnis.

Werke: s.o.; Abschied vom Sommer, 1940, 61944; Die unsichtbare Krone, 1943; Die Hirtenflöte, 1944; Requiem. Novelle, 1948; Bilanz im Morgenrot, 1958; Asklepios und seine Jünger, 1960; Menschen und Städte. Erzählungen, Reportagen, Feuilletons, 1962; Im Schatten des Minotaurus, 1965; Lutherstadt Wittenberg zwischen gestern und morgen (Reportage), 1967; Die Schattenwand, 1974.

Literatur: Kosch LL 8, Sp. 655f.; Killy 6, 121f.; Günter Albrecht u. a. (Hg.), Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller, Bd. 1, 1974, 426; Literatur im Bezirk Magdeburg, hg. vom Rat des Bezirkes, o. J. [1981], 12 (B).

Bildquelle: *Literaturhaus Magdeburg.

Heinz Kruschel