Ausfeld, Heinrich Eduard,
Dr. phil. |
Nach dem Abitur in Neubrandenburg studierte A. Geschichte und deutsche Sprache in Berlin, Bonn, Freiburg/Breisgau und Marburg. Hier promovierte er 1880 zum Dr. phil. und begann wenig später zunächst für drei Monate probeweise und ohne Gehalt als Hilfsarbeiter bei dem Staatsarchiv zu Idstein in der Provinz Hessen-Nassau seine Laufbahn in der preußischen Archivverwaltung. Dort nahm er 1881 an der Verlegung des Archivs nach Wiesbaden teil. Ende 1881 wurde er zum Archivassistenten und 1885 zum Archivar zweiter Klasse befördert. Seit 1892 war er im Staatsarchiv in Koblenz tätig. 1897 wurde er an das Staatsarchiv in Magdeburg versetzt und zum Archivar ernannt. 1898 bestellte der König von Preußen ihn zum Staatsarchivar und übertrug ihm als Nachfolger von George Adalbert von Mülverstedt die Archivvorsteherstelle. Nach dem Umbau des seit 1823 als Staatsarchiv genutzten Remters bzw. Sepulturs am Dom oblag ihm ab Juli 1898 die Einrichtung und Unterbringung des Archivs in den neuen Räumen des Remters. A. war ein moderner, dem Fortschritt zugewandter Archivar. Über das herkömmliche Interesse an Urkunden und Akten der weiter zurück liegenden Zeiten hinaus besaß er einen Blick für das Industriezeitalter und erkannte die Bedeutung der Geschichte des Handwerks, der Land- und Forstwirtschaft sowie des Mühlen- und Fabrikwesens für die umfassende Überlieferungsbildung. Ihm ging es nicht nur um die Archivierung und Erforschung der großen und bedeutenden Ereignisse, sondern auch der kleinen bürgerlichen Verhältnisse. Um das Geschichtsbewußtsein in der Öffentlichkeit zu stärken und einem Überlieferungsverlust entgegenzuwirken, setzte er sich besonders für die Erfassung, Bestandsinventarisierung und Benutzbarmachung der nichtstaatlicher Archive in der Provinz Sachsen ein. Er warb bei den Stadtverwaltungen für die Einstellung von hauptamtlichen Archivaren und beseitigte die Raumnot des Staatsarchiv, indem unter seiner maßgeblichen Beteiligung die Entscheidung für den Neubau in der Augusta- bzw. Hegelstraße zustande kam. Nebenbei betätigte sich A. als Sachverständiger für Urkundenfälschung beim Landgericht Koblenz, für Lehens- und Patronatsrecht beim Landgericht Naumburg sowie als Schöffe des Magdeburger Schöffengerichtes. Er gehörte der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt, dem Magdeburger Geschichtsverein und dem Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichte an.
Werke: Lambert von Hersfeld und der Zehntstreit zwischen Mainz, Hersfeld und Thüringen, Diss. 1879; Aktenstücke zur Geschichte der Reformation in Halle, in: GeschBll 34, 1899, 163-189; Hof- und Haushaltung der letzten Grafen von Henneberg, 1901; Über die Inventarisierung der nichtstaatlichen Archive in der Provinz Sachsen, in: Korrespondenzblatt 49, 1901, 207ff.; Übersicht über die Bestände des K. Staatsarchivs zu Coblenz, 1903; Das Stadtarchiv zu Erfurt und seine neuesten Erwerbungen, 1905; Soziale Zustände in Staßfurt zu Anfang des 17. Jahrhunderts, in: GeschBll 40, 1905, 61-72; Regesten zur Geschichte des Klosters Anrode bei Mühlhausen in Thüringen 1262-1735, 1906.
Literatur: Leesch 2, 39; Georg Liebe, E. A. Nachruf, in: GeschBll 42, 1907, 88-90.
Archivalien: StA Marburg: PA 150/1027.
Bildquelle: *LHASA.
Norbert Wehner
letzte Änderung: 02.09.04