Bülow, Ludwig Friedrich Viktor Hans Graf (seit 1810) von
geb. 14.07.1774 Essenrode bei Braunschweig,
gest. 11.08.1825 Landeck/Schlesien,
Politiker, westfälischer und preußischer Minister.

B., Halbbruder des Friedrich von B., besuchte die Ritterakademie in Lüneburg und studierte 1790–94 in Göttingen, wobei er sich die Ideen des englischen Nationalökonomen Adam Smith zu eigen machte. Er trat 1794 in den preußischen Staatsdienst und war seit 1801 in Berlin als Kriegs- und Domänenrat im Generaldirektorium für das Magdeburg- Halberstädter Departement zuständig. 1805 wurde B. zum Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammer des Herzogtums Magdeburg bestellt. 1806 war er mit der Leitung der Kriegsrüstungen für die preußische Armee betraut, die sich in der Zentralfestung Magdeburg sammelte. Nach der Kapitulation von Magdeburg oblag ihm in der Kriegssteuerkommission für das Herzogtum die Aufbringung der von Napoleon geforderten Kriegskontributionen. Nachdem der westelbische Teil des Herzogtums Magdeburg 1807 an das Königreich Westfalen gefallen war, wurde B. Leiter des Finanz- und Wirtschaftsressorts beim Oberpräfekten des Elbe-Departements in Magdeburg. Seit Mai 1809 arbeitete er als Finanzminister am Regierungssitz in Kassel. Während B. die Einführung der Gewerbefreiheit und die Aufhebung der Zünfte befürwortete, zählte er in der Agrarfrage zur konservativen Fraktion des Staatsrates, die die feudale Grundherrschaft bewahren wollte und die unentgeltliche Aufhebung der mit der Leibeigenschaft verbundenen bäuerlichen Lasten verhinderte. Nachdem ihn König Jérôme in den Grafenstand erhoben und Napoleon mit dem Großkreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet hatte, stürzte B. 1811 über den Konflikt zwischen kaiserlich-französischen und königlich-westfälischen Interessen. Er zog sich auf sein Gut Essenrode zurück und knüpfte Verbindungen zu seinem Vetter, dem preußischen Staatskanzler Carl August Fürst von Hardenberg. 1813 wurde B. preußischer Finanzminister und begann nach westfälischem Vorbild mit einer umfassenden Steuerreform, die ihn aber in einen Gegensatz zu Hardenberg und Wilhelm von Humboldt brachte und schließlich zum Rücktritt veranlaßte. Das mit der Reform verbundene Zollgesetz von 1818 legte den Grundstein für den Deutschen Zollverein. Von 1818 bis 1825 stand B. dem Ministerium für Handel und Gewerbe vor. Er war Fürsprecher des Freihandels, förderte die Industrie und die freie Flußschiffahrt.

Literatur: ADB 3, 533–538; NDB 2, 735f.; Friedrich Christian August Hasse (Hg.), Zeitgenossen. Biographien und Charakteristiken, Bd. 6, 4. Abt., 1821; Heinz Heitzer, Insurrectionen zwischen Weser und Elbe, 1959, 85, 96f., 202; Helmut Berding, Napoleonische Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im Königreich Westfalen 1807–1813, 1973, 35, 38, 42, 45–47 u.ö.

Helmut Asmus