Nethe, August Wilhelm
geb. 06.03.1812 Altenplathow bei Genthin,
gest. 29.05.1901 Magdeburg,
Jurist, Kommunalpolitiker,
Bürgermeister der Stadt Burg, Oberbürgermeister.

Nach der Schulbildung am Gymnasium Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg studierte N. in Halle die Rechte und wurde 1834 dem Magdeburger Land- und Stadtgericht als Auskultator überwiesen, aber schon nach wenigen Wochen wegen Teilnahme an einer burschenschaftlichen Verbindung in Halle verhaftet und als Untersuchungsgefangener erst in die Hausvogtei nach Berlin, dann nach Glatz und Posen überführt. Wegen dieser Burschenschaftsbestrebungen für die Einheit im deutschen Vaterland wurde N. mit einer Anzahl von Gesinnungsgenossen, zu denen auch Fritz Reuter zählte, 1837 vom Kammergericht zum Tode durch das Beil verurteilt. Diese Strafe wurde jedoch vom König in eine 30jährige Freiheitsstrafe umgewandelt. N. saß fast sechs Jahre auf dem Fort Winiary in Posen in Festungshaft, wurde aber 1840 infolge der allgemeinen Amnestie entlassen und wieder in die bürgerlichen Ehrenrechte eingesetzt. Er trat erneut in den Justizdienst ein und bestand 1843 das Assessorexamen. Bald darauf wurde er Hilfsreferent beim königlichen Revisionskollegium und ließ sich 1844 beurlauben, um die Stelle eines Polizeirates in Magdeburg kommissarisch zu verwalten, nahm aber Ende des gleichen Jahres die ihm angetragene Stelle eines Bürgermeisters von Burg an. Im Mai 1848 wurde er vom Kreis Jerichow I in die Preußische Nationalversammlung gewählt. Unter sehr schwierigen Verhältnissen gelang es ihm, eine große Anzahl nützlicher Verwaltungsmaßregeln und städtebaulicher Maßnahmen durchzusetzen, die kommunal-, landes- und wirtschaftspolitisch von großer Bedeutung waren. Dazu gehörten u. a. die Verlegung des Sitzes der Kreisbehörden von Loburg nach Burg, die Einführung einer neuen Hausordnung für das Armen- und Krankenhaus und die Übertragung der Verwaltung an Diakonissen, die Einführung einer neuen Feuerlöschordnung, die Mitgestaltung an der Anlage des Bahnhofs, die Niederlegung der Stadtmauern und Anlage der Promenaden um die Stadt, die Gestaltung des städtischen Begräbnisplatzes (Westfriedhof), die Anlage der die Stadt berührenden Kreis-Chausseen nach Loburg, Ziesar und Niegripp, die Anlegung (Regulierung) der Bürgersteige, der Bau der (alten) Gasanstalt und der (alten) städtischen Schwimmanstalt, die Restaurierung der Kirche Unser Lieben Frauen (Oberkirche), die Gründung des Viktoria-Gymnasium, der Bau des Ihle-Kanals (jetzt Elbe-Havel-Kanal), wodurch eine Wasserverbindung zu Elbe und Havel hergestellt wurde, sowie der Bau des Blumenthaler Sommerdeichs zum Schutz der Feldmark Blumenthal. Trotzdem ihn 1858 ein Wahnsinniger durch einen Keulenschlag auf den Kopf schwer verletzte, in dessen Folge N. an einem nervösen Kopfleiden in Verbindung mit Schwerhörigkeit litt, arbeitete er unermüdlich, bis er im Jahre 1881 nach 36jähriger Dienstzeit aus seiner Stellung schied und nach Magdeburg verzog. 1867 wurde N. mittels Kabinettsorder vom 16. Oktober vom König der Titel des “Oberbürgermeisters” verliehen. Der König ehrte ihn durch Ordensverleihung und die Stadt Burg durch den Ehrenbürgerbrief. N. wurde am 31.05.1901 in Burg feierlich auf dem Westfriedhof beigesetzt.

Werke: Lebenserinnerungen, in: Beiträge zur Geschichte der Stadt Burg, 1906 (*B).

Literatur: Fs. zum 1050jährigen Bestehen der Stadt Burg, hg. von der Stadtverwaltung Burg, 1998, 59f. (B).

Axel Thiem

geändert: 09.06.2004