Luther, Hans, Prof. Dr. jur.
geb. 10.03.1879 Berlin,
gest. 11.05.1962 Düsseldorf,
Jurist, Kommunalpolitiker,
Politiker, Reichskanzler.

Obwohl L.s Familie aus dem Magdeburgischen stammte, weist sie keine verwandtschaftlichen Beziehungen mit dem Reformator auf. Der Vater war Kaufmann in Berlin. L. erhielt eine juristische Ausbildung und fand anschließend eine Anstellung im Staatsdienst in Berlin. Am 21.03.1907 wurde er zum besoldeten Stadtrat von Magdeburg mit zwölfjähriger Amtszeit gewählt. Der tüchtige Kommunalpolitiker war 1913 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Städtetages. Mit der Wahl zum Oberbürgermeister von Essen erreichte er 1918 einen ersten Höhepunkt seiner beruflichen Karriere. Im Deutschen und Preußischen Städtetag galt L. zusammen mit anderen (z. B. Konrad Adenauer/Köln, Richard Robert Rive/Halle, nach 1919 auch Hermann Beims/Magdeburg) als bedeutender Oberbürgermeister seiner Zeit. Bis 1927 gehörte L. keiner Partei an, dann trat er der Deutschen Volkspartei (DVP) bei. Unter Reichskanzler Wilhelm Cuno wurde er 1922 Reichsminister für Landwirtschaft, ein Jahr später im Kabinett Gustav Stresemanns Reichsfinanzminister. Er hatte Verdienste bei der Überwindung der Inflation. Im Januar 1925 wurde L. Reichskanzler der ersten Reichsregierung der Republik und war als solcher maßgeblich am Zustandekommen des Locarno-Abkommens beteiligt. Nachdem L. auch der folgenden nächsten Reichsregierung vorstand, wurde er 1926 im Zusammenhang mit dem Flaggenstreit gestürzt. 1928 gründete er den Bund zur Erneuerung des Reiches (Luther-Bund), der sich die föderale Neugliederung der Republik zum Ziel gesetzt hatte. Dabei arbeitete er eng mit Gruppierungen zusammen, die an der Neugliederung Mitteldeutschlands interessiert waren. Unter den führenden Persönlichkeiten dieser Interessengruppen befanden sich auch Tilo von Wilmowsky (Marienthal bei Naumburg) als stellvertretender Vorsitzender des Luther-Bundes und anfangs Hermann Beims. Als Reichsbankpräsident 1930–33 betrieb L. eine unglückliche Politik. Ohne der NSDAP beizutreten, war er von 1933–37 Botschafter in den USA. 1953 arbeitete L. als Vorsitzender des Sachverständigenausschusses für die Neugliederung des Bundesgebietes der Bundesrepublik Deutschland. Ab 1952 lehrte er als Professor für Geschichte an der Universität München.

Werke: Im Dienst des Städtetages. Erinnerungen aus den Jahren 1913 bis 1923, 1959; Politiker ohne Partei. Erinnerungen, 1960.

Literatur: Reichshdb 2, 1169f. (*B); Karl Georg Zinn, H. L., in: Wilhelm Sternburg (Hg.), Die deutschen Kanzler von Bismarck bis Schmidt, 1985, 295ff.

Mathias Tullner

letzte Änderung: 28.02.2005