Heine, Ferdinand |
H., ältestes von acht Kindern des Gutsbesitzers und Ornithologen Ferdinand H., studierte Ornithologie in Heidelberg, erlernte die Landwirtschaft in Mansfeld und Hoym und bewirtschaftete anschließend bis 1869 das väterliche Gut bei Halberstadt. Nach Teilnahme am Deutsch-Österreichischen Krieg folgte 1869 die Pachtung des 276 ha großen Gutes Emersleben von seinem Schwiegervater. 1871 begründete er die Saatzucht mit vergleichenden Anbauversuchen. Geschäftsreisen führten ihn 1880 zu dem Pionier der französischen Pflanzenzüchtung Pierre Louis François Levéque de Vilmorin sowie nach England. 1885 kaufte H. das Klostergut Hadmersleben mit 600 ha Nutzfläche und errichtete 1888 eine Kartoffelbrennerei. 1889 zog H. in die Magdeburger Börde nach Hadmersleben um, setzte hier seine Züchtungsarbeiten fort und pachtete die Domäne Zilly mit weiteren 850 ha Anbaufläche. 1894 kamen die Domänen Querfurt und Weisenbach hinzu. Weitere Geschäftsreisen führten H. 1900 nach Polen und Rußland, wo Anbaustationen gegründet wurden. In Hadmersleben entstand 1903 ein modern eingerichteter Saatgutspeicher. 1907–10 erwarb H. die Güter Teuchern, Schraplau und Möllendorf und pachtete die Domäne Alickendorf. H. gilt als Pionier der deutschen Getreidezüchtung und des Saatgutwesens. Er war einer der ersten, der alle beachtenswert erscheinenden Kulturpflanzen, besonders die aus dem europäischen Ausland, einer Prüfung unterzog und die besten von ihnen durch Züchtung veredelte. So entstanden die berühmten Hadmersleber Hochzuchtsorten bei Weizen, Gerste und Hafer, für die er auf den Weltausstellungen 1894, 1900, 1904 und 1913 den Grand Prix erhielt. H. verband auf seinen Gütern, die von Familienangehörigen geleitet wurden, mit unternehmerischem Geschick die Pflanzenzüchtung, das Saatgutwesen und die landwirtschaftlichen Produktion. Tätigkeiten als Vorstandsmitglied bei den Getreidezüchtern und Düngungsexperten in der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, als Mitglied des Eisenbahnrates Berlin-Magdeburg und in der Spiritusgesellschaft bezeugen sein gesellschaftliches Engagement. Als Gründer des Vogelkundemuseums “Heineanum” in Halberstadt und Verfasser mehrerer vogelkundlicher Publikationen galt er auch bei den Ornithologen Europas als Experte. Der Ausbau der Klostergebäude in Hadmersleben im Stil des Historismus durch den Architekten Hans Grisebach und die Errichtung eines Getreidespeichers unter denkmalpflegerischen Aspekten sowie Reisen nach Spanien, Italien, Griechenland und die Türkei kennzeichnen ihn als Liebhaber und Förderer der Kunst.
Werke: Museum Heineanum, Verzeichnis der ornithologischen Sammlung, 1850ff (mit Jean Cabanis); Saatzuchtberichte des Klostergutes Hadmersleben, 1859ff.
Literatur: Elisabeth Behm, Erinnerungen an meinen Vater F. H., Hadmersleben o. J. (hektographiert); Walter Merfert, 100 Jahre Getreidezüchtung in Hadmersleben, in: Magdeburger Blätter. 1989, 35–41; Bernd Nicolai/Renate Neuhaus/Rüdiger Holz, Museum Heineanum. Geschichte und Bedeutung, 1994.
Bildquelle: *Porträt KHM Kloster Hadmersleben.
Walter Merfert
letzte Änderung: 02.02.2005