Rimpau, Arnold Dietrich Wilhelm, Dr. phil. h.c.
geb. 29.08.1842 Schlanstedt,
gest. 20.05.1903 Woltersdorf,
Landwirt, Pflanzenzüchter, Naturwissenschaftler.

R., Sohn des Gutsbesitzers und Landwirtes August Wilhelm R., besuchte das Gymnasium in Braunschweig und absolvierte 1859–61 eine Landwirtschaftslehre. 1861–64 studierte er in Bonn und Berlin Naturwissenschaften und Volkswirtschaft. Eine Studienreise nach England und eine Volontärzeit in einer Zuckerfabrik folgten. 1865 übernahm er die Leitung der von seinem Vater gepachteten Domäne Schlanstedt und wurde 1877 ihr alleiniger Pächter. Er wirkte dort als praktischer Landwirt mit Pflanzen- und Tierproduktion sowie als Pflanzenzüchter (Getreide und Zuckerrüben) und Forscher auf dem Gebiet der biologischen Grundlagen der Pflanzenzüchtung. Als Landwirt setzte er sich für die Anwendung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und technischer Erfindungen (u. a. des Dampfpfluges) ein. Er war Mitbegründer der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) und ihrer Saatgutabteilung. Dort engagierte er sich mit Erfolg für die Einrichtung von Sortenversuchen, die die erste Etappe zur offiziellen Sortenanerkennung und der späteren staatlichen Regelung des Saatgutwesens bildeten. Als Pflanzenzüchter schuf er durch Auslesezüchtung neue Sorten von Winter- und Sommerweizen, Winterroggen, Sommergerste, Hafer und Zuckerrüben. Mit großem Engagement führte er außerdem wissenschaftliche Untersuchungen zum Blühvorgang, sowie zur Befruchtung und Vererbung bei Getreide, Zuckerrüben und Erbsen durch, worüber bislang keine exakten Kenntnisse vorlagen. Die von ihm veröffentlichten Forschungsergebnisse zeigten erstmals die Möglichkeit einer planmäßigen Züchtung neuer Sorten der Kulturpflanzen durch künstliche Kreuzungen auf und wurden damit Grundlage für den Beginn der Kombinationszüchtung in Deutschland und die mit ihr im 20. Jahrhundert erreichten großen Zuchtfortschritte. Ein direkt nutzbares Ergebnis und praktische Bestätigung seiner experimentellen Arbeit war die 1888 in den Anbau überführte Winterweizensorte “R.s früher Bastard”, die erste deutsche Getreidesorte aus einer künstlichen Kreuzung. R. erzeugte bei seinen Experimenten auch erstmals einen fertilen Weizen-Roggen-Bastard (Triticale) und legte damit den Grundstein für die spätere Triticale-Züchtung. Durch seine bahnbrechende Tätigkeit wurde R. zum Begründer der deutschen Getreidezüchtung, er gilt auch als “Vater der deutschen Pflanzenzüchtung”. Für seine hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen verlieh ihm die Universität Halle 1894 die Ehrendoktorwürde.

Werke: Ueber die Züchtung von Saatgetreide, in: Mittheilungen aus den Verhandlungen des landwirthschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernigerode (1870), S. 34-40; Die Züchtung neuer Getreidevarietäten, in: Landwirtschaftliches Jb. 6 (1877), S. 193–233; Das Blühen des Getreides, in: ebd. 11 (1882), S. 875–919; (Üb.) Eugéne Risler: Der Weizenbau, 1888; Kreuzungsprodukte landwirtschaftlicher Kulturpflanzen, 1891; Forschungen und Erfahrungen auf dem Gebiete der Saatgutzüchtung, in: Braunschweigische Landwirtschaftliche Zeitung 65 (1897), Nr. 12, S. 51-54.

Nachlass: Stadtarchiv Halberstadt.

Literatur: BioJb 8, 1903; Mitteldt Leb 1, 376–389 (W, B); Konrad Meyer, W. R. zum Gedächtnis, in: Zs. für Pflanzenzüchtung 32 (1953), S. 225–232 (B); Henry Dannenberg, Zur Schlanstedter Landwirtschaftsgeschichte, in: Fs. Saatzuchtjubiläum Schlanstedt 1992, S. 11–51; Albrecht Meinel, Pioniere der Getreidezüchtung in Deutschland: W. R.,  Ferdinand Heine, Otto Beseler, Friedrich Strube und Kurt von Rümker, in: Vorträge für Pflanzenzüchtung 40, 1998, S. 69–78; ders., An early scientific approach to heredity by the plant breeder W. R. (1842-1903), in: Plant Breeding 122 (2003), Heft 3, S. 195-198; ders., W. R. (1842-1903) und die wissenschaftlichen Anfänge der Getreidezüchtung in Deutschland, in: Neuer Familienkundlicher Abend [Halberstadt], Heft 16 (2007), 33-50 (B).

Bildquellen: *Mitteldt Leb 1; Büste von Oscar Wegener (Hof der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Halle).

Wolfgang Porsche

letzte Änderung: 03.04.2007