Lindekugel, Hermann August Wilhelm
geb. 21.10.1856 Wolmirstedt,
gest. 25.09.1938 Wolmirstedt,
Gerbermeister, Fabrikant.

Der Sohn des Gerbermeisters und Fabrikanten Wilhelm L.s erlernte das Gerberhandwerk im väterlichen Betrieb und durchwanderte nach fünfjähriger Lehrzeit, der alten handwerklichen Tradition folgend, halb Europa. Er war während dieser Zeit in den führenden Betrieben der Branche tätig und brachte seine reichen Erfahrungen nach seiner Rückkehr und anschließender kaufmännischer Lehre in den väterlichen Betrieb ein, den er 1888 übernahm. L. spezialisierte die Firma Wilhelm Lindekugel, Glacéhandschuhlederfabrik auf die Verarbeitung leichter Lammfelle und Schmaschen (Felle totgeborener Lämmer) zur Herstellung weicher Handschuhleder. Der Bedarf nach Qualitätsleder stieg weltweit. L. erkannte den Trend der Zeit und stieg mit seinen Erzeugnissen in das Exportgeschäft ein. Bald galt die Firma als erste Adresse der Schmaschengerber in Deutschland. Täglich wurden bei ständig steigender Nachfrage bis zu 6.000 Felle eingearbeitet. 1913 erweiterte L. den Betrieb um einen Neubau. 200 Gerber, Zurichter und andere sollten Arbeit und Brot finden. Die Folgen des I. Weltkrieges erschütterten auch die Handschuhlederbranche, deren Rohmaterial im Ausland gekauft werden mußte. Diese schwere Zäsur hat weitere Ideen und Pläne L.s nicht mehr Wirklichkeit werden lassen. Nach dem Tod seines Sohnes übertrug L. siebzigjährig den Betrieb Anfang 1927 auf seinen Schwiegersohn Friedrich Nielebock, der die Firma – ab 1938 als Kommanditgesellschaft – bis 1959 weiterführte. Er selbst genoß noch zwölf Jahre die schöne Landschaft um seine Heimatstadt, für die er eine Brücke über die Ohre ins “Küchenhorn” schlagen ließ, die einmal seinen Namen trug: L.-Brücke.

Literatur: Georg Wenzel (Hg.), Deutsche Wirtschaftsführer, 1929; Fs. der Familie Nielebock zum 100jährigen Betriebsjubiläum der Firma Lindekugel 1958.

Bildquelle: ebd.

Otto Zeitke