Brennecke, Johannes Benjamin, Dr. med.
geb. 02.11.1849 Cröchern/Letzlinger Heide,
gest. 30.07.1931 Magdeburg,
Arzt, Geheimer Sanitätsrat.

B., fünftes Kind des evangelischen Pfarrers Johann Christoph David B., besuchte das Gymnasium in Stendal und nahm 1869 das Studium der Medizin in Halle auf, wo er 1875 als Assistent von Robert Olshausen über Uterusrupturen promovierte. 1876 ließ er sich als erster Facharzt für Frauenheilkunde in Magdeburg nieder, war vorübergehend an der Provinzial-Hebammenlehranstalt tätig und eröffnete 1880 im Magdeburger Stadtteil Sudenburg eine Privatklinik. B. stand als Schüler von Olshausen und Heinrich Fritsch nicht nur als gynäkologischer Operateur auf der Höhe der Zeit, sondern engagierte sich aus tiefer christlicher Verantwortung heraus vor allem auf dem heute von der Sozialen Gynäkologie beanspruchten Gebiet. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit bildeten Forderungen nach einer Reform des Hebammenwesens in Deutschland hinsichtlich der Aus- und Fortbildung, vor allem aber des sozialen Status, für den er die Beamtenstellung für angemessen hielt. Weithin bekannt wurde B. mit seinem Eintreten für die Erweiterung des Netzes geburtshilflicher Kliniken neben den damals fast nur vorhandenen Ausbildungskliniken, die von mittellosen verheirateten Frauen weitgehend gemieden wurden. In Magdeburg rief B. unter der Bezeichnung “Wöchnerinnenasyl” am Sudenburger Tor in Trägerschaft eines Frauenvereins eine Einrichtung ins Leben, die bis 1919 die bis dahin noch fehlende städtische Frauenklinik ersetzte. Von der Medizinischen Gesellschaft zu Magdeburg wurde B. schon 1887 in die Ärztekammer der Provinz Sachsen gewählt, in deren Vorstand er jahrelang mitwirkte, 1906–1908 als Vorsitzender. B.s Forderungen nach mehr Staatlichkeit in der Wochenbetthygiene blieben weitgehend unerfüllt. Sein Engagement wurde 1907 mit der Verleihung des Titels eines Geheimen Sanitätsrates anerkannt. Nach dem I. Weltkrieg wurden seine Klinik und das Asyl Opfer der Inflation, seine Familie verarmte.

Werke: Zur praktischen Lösung der Puerperalfieber-Frage, 1882; Die Geburts- und Wochenbetthygiene der Stadt Magdeburg, 1897; Der Kampf um die Gesundung der geburtshilflichen Ordnung, 1913 (W); Das Hebammenwesen und die Frauenfrage, 1914.

Literatur: Julius Pagel (Hg.), Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des 19. Jahrhunderts, 1901, 257; IAdam Bauereisen, Nachruf auf J. B., in: Zentralblatt für Gynäkologie 55, 1931, 2722; sidor Fischer (Hg.), Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre, Bd. 1, 1932, 168f.; Horst-Peter Wolff, Der Beitrag des Magdeburger Gynäkologen J. B. B. (1849–1931) zur Entwicklung des Gesundheitsschutzes für Mutter und Kind, in: Das Deutsche Gesundheitswesen, H. 23, 1968, 2142–2147 (W).

Bildquellen: *Walter Spemanns Hauskunde, Bd. 6, 1908; Sammlung Horst-Peter Wolff., Qualzow (privat).

Horst-Peter Wolff

letzte Änderung: 01.02.2005