Lies, Johannes (Hans) Otto Paul
geb. 21.06.1900 Kalbe/Milde,
gest. 19.11.1981 Magdeburg,
Buchdrucker, Vorgeschichtsforscher,
Kreisbodendenkmalpfleger.

L., jüngstes Kind des Buchdruckers Adolf L., besuchte bis 1918 das Gymnasium in Gardelegen und lernte danach im väterlichen Betrieb den Beruf des Buchdruckers und Schriftsetzers. Er war später 1933–76 als selbständiger Buchdruckereibesitzer in Groß Ottersleben tätig. Schon während der Schulzeit, angeregt durch seinen Lehrer Professor Hinze, zeigte L. starkes Interesse an der heimischen Archäologie und führte bereits 1911 seine erste Ausgrabung in der Altmark durch. Als er 1924, kurz nach seiner Heirat, nach Magdeburg übersiedelte, schloß er sich den dortigen Vorgeschichtlern um Carl Engel an, der sein Lehrer und Freund wurde und seine weiteren archäologischen Forschungen maßgeblich beeinflußte. Von 1923 bis zu seinem Tode, 1945–81 als ehrenamtlicher Kreisbodendenkmalpfleger, führte L. planmäßige Flurbegehungen im Magdeburger Elbgebiet durch, die teilweise zu größeren Ausgrabungen erweitert wurden, wobei er zahlreiche Siedlungs- und Grabfunde, vor allem aus der Jungstein- und Bronzezeit, von überregionaler Bedeutung entdecken und veröffentlichen konnte. Bis 1945 arbeitete er eng mit dem Museum am Domplatz in Magdeburg, von 1945 bis zu seinem Tode mit dem Kulturhistorischen Museum Magdeburg, der Universität Halle-Wittenberg und dem Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle zusammen. Das Hauptaugenmerk seiner nebenberuflichen archäologischen Arbeiten galt der Erforschung der Besiedlungsgeschichte der ostelbischen Binnendünen insbesondere um Gerwisch, Menz und Wahlitz, die er mit Blick auf die unter differierenden klimatischen und wirtschaftlichen Bedingungen entstandenen Siedlungen der Elbaue, der ostelbischen Dünengebiete und der westelbischen Börde behandelte. So stieß er bei seinen Ausgrabungen auf 14 verschiedene Siedlungs- und Vegetationshorizonte, die er als erster auch zeitlich genau bestimmte. Seine archäologischen Feldarbeiten führten 1949 in Wahlitz zu der ersten großen Forschungsgrabung in der Sowjetischen Besatzungszone. Die Fachkollegen schätzten ihn nicht zuletzt wegen seines stetigen Bemühens, die von ihm durchgeführten Ausgrabungen einer vielseitigen wissenschaftlichen Auswertung unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Methoden zuzuführen. In seinen letzten Jahren leistete L. mit der Neuinventarisierung der ur- und frühgeschichtlichen Bestände des Kulturhistorischen Museums in Magdeburg einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Erschließung des Kulturgutes des Magdeburger Raumes. 1962 erhielt er in Würdigung seiner wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Archäologie die Leibniz-Medaille der Akademie der Wissenschaften der DDR.

Werke: Beiträge zur jungsteinzeitlichen Besiedlungsgeschichte der Binnendünen im Elbgebiet bei Magdeburg, in: Mitteilungen des Museums für Naturkunde und Vorgeschichte und wissenschaftliches Arbeitskreis, 1947, 41–47; Ein bronzezeitlicher Totenhügel bei Menz, Kreis Burg, Tl. I und II, in: Js. für mitteldeutsche Vorgeschichte 39, 1955, 115–162 und 40, 1956, 127–160; Zur neolithischen Siedlungsintensität im Magdeburger Raum, in: ebd. 58, 1974, 57–111.

Nachlaß: Mss. im Privatbesitz Bärbel Heußner, Petershagen.

Literatur: Johannes Schneider, H. L., Magdeburg, 80 Jahre, in: Js. für mitteldeutsche Vorgeschichte 65, 1982, 17–21 (W).

 Bildquelle: *Bärbel Heußner, Petershagen (privat).

Bärbel Heußner