Engel, Carl
Friedrich Wilhelm, Prof. Dr. rer.
nat., Dr. phil. habil. |
Nach Besuch des König Wilhelms-Gymnasium in Magdeburg begann E. 1913 in München ein Studium der Philosophie und der Naturwissenschaften. 1914 als Kriegsfreiwilliger ins Feld gezogen, kehrte er erst Ende 1919 aus englischer Gefangenschaft zurück. Bis 1927 arbeitete er als Buchhändler in Magdeburg und leistete zudem ehrenamtlich archäologische Museumsarbeit (Vorträge, Führungen, zahlreiche Artikel, u. a. im MonBl). Im Rahmen einer befristeten Anstellung 1927–29 gestaltete er die Vorgeschichtsausstellung im Museum für Naturkunde und Vorgeschichte und organisierte die 10. Tagung für Vorgeschichte (02.-07.09.1928 in Magdeburg). Nach einem Fernstudium in Tübingen promovierte er dort 1928. Auf der Grundlage seiner Museumsarbeit, des Materialstudiums in vielen anderen Museum sowie der Zusammenarbeit mit Sammlern und Heimatforschern entstanden zahlreiche Veröffentlichungen zur Vorgeschichte des Mittelelbegebietes, besonders zur Jungsteinzeit. Von besonderem Wert sind seine Untersuchungen zur Rössener und zur Schönfelder Kultur, deren Ammenslebener Untergruppe er herausarbeitete (Ausgrabung auf dem Brandgräberfeld bei Groß Ammensleben). Da sich in Magdeburg keine berufliche Perspektive ergab, wechselte E. 1929 an das Prussia-Museum in Königsberg/Ostpreußen, wo er bis 1934 vorwiegend mit archäologischen Rettungsgrabungen in der Provinz Ostpreußen beschäftigt war. In der Ur- und Frühgeschichte des baltischen Raumes, zu der er grundlegende und bis heute gültige Monographien und Aufsätze verfaßte, lag der Schwerpunkt seines wissenschaftlichen Lebenswerkes. In Osteuropa ist es wesentlich lebendiger geblieben als in Deutschland, wo die von E. maßgeblich vorangetriebene frühgeschichtliche Kulturgruppenforschung (zur Herausbildung der baltischen und ostgermanischen Völker) nach dem Kriege nicht mehr im Mittelpunkt des Interesses stand. 1934 wurde E. Dozent am Herder-Institut in Riga, wo er 1935 als außerordentlicher Professor sowie 1937 als ordentlicher Professor tätig war. 1939 wurde er zum ordentlichen Professor nach Greifswald berufen. Als Rektor der Universität (seit 1942) war E. Initiator der kampflosen Übergabe Greifswalds am 30.04.1945 und beteiligte sich als Parlamentär an den Verhandlungen. Die Hintergründe seiner späteren Internierung durch die Besatzungsmacht sind unbekannt. Ein Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Reichskommissariat Ostland (Baltikum und Weißrußland), wo er auf Grund seiner Erfahrungen 1941/42 mit der Betreuung der Vor- und Frühgeschichte beauftragt worden war, oder mit seiner NSDAP-Mitgliedschaft ist möglich.
Werke: Neues über den Schönfelder Stil, in: Mannus 20, 1928, 265–314; Die Neugestaltung der Magdeburger vorgeschichtlichen Sammlung. Beiträge zur prähistorischen Museumstechnik, in: Mannus, VII. Ergänzungsbd. 1929, 200–232; Bilder aus der Vorzeit an der mittleren Elbe, 1930; Die jungsteinzeitlichen Kulturen im Mittelelbgebiet, 1933 (Diss.-Teildruck); Vorgeschichte der altpreußischen Stämme, 1935; Kulturen und Völker der Frühzeit im Preußenland, 1937 (mit Wolfgang LaBaume); Herkunft und verwandtschaftliche Beziehungen der Rössener Kultur, in: Mannus 32, 1940, 56–83; Typen ostpreußischer Hügelgräber. Aus dem Nachlaß hg. von Rudolf Grenz, 1962.
Nachlaß: J.-G.-Herder-Institut Marburg/Lahn.
Literatur: KGL 6, 1940/41; Jonas Beran, C. E. 1895–1947, in: Ausgrabungen und Funde 40, 1995, 322–324 (B); ders., C. E. 1895–1947, in: Alteuropäische Forschungen 1, 1997, 133–146 (W, B).
Bildquelle: *Archiv Herder-Institut Marburg.
Jonas Beran