Marschner, Carl
geb. 20.09.1888 Magdeburg,
gest. 19.02.1958 Magdeburg,
Instrumentenbauer, Erfinder, Unternehmer.

Nach absolvierter Schulzeit trat M. 1903 als Mechanikerlehrling in die Firma Friedrich Geßner-Harmonikafabrik Magdeburg-Werder in der Mittelstraße 11 ein. 1909 schloß er seine Ausbildung mit der Meisterprüfung zum „Instrumentenmacher und Harmonikabauer" ab. Unternehmerischer Tatendrang und erworbenes Wissen brachten ihn dazu, sich im Jahre 1911 zusammen mit seinem Bruder Walter M., der den kaufmännischen Bereich abdeckte, selbständig zu machen. Beide gründeten die Firma Bassmechanikenfabrik Gebrüder Marschner Magdeburg-Werder. Nach mühsamen Jahren des Aufbaus des kleinen Betriebes und zahlreichen Versuchen gelang es M., die unzureichenden und nebengeräuschintensiven Handharmonikas zu verbessern. In seiner kleinen Werkstatt auf dem Magdeburger Werder, Gartenstraße 18, entwickelte er eine neuartige Mechanik, die er Anfang der 1920er Jahre zum Patent anmelden konnte. 1922 erhielt er für seine „Baßmechanik für Handharmoniken" zunächst das österreichische Patent (Pat.Nr. 89775), 1928 auch das Patent für das Deutsche Reich (Pat.Nr. 474528). Mit dieser Vorrichtung konnte man unter Benutzung von nur zwölf Tönen jeden musikalischen Akkord aus drei oder vier Tönen, auf einen Drücker vereinigt, in Dur und Moll zum Erklingen bringen. M.s Entwicklung ging dahin, durch geschickte Kopplung sogar sie­ben Töne gleichzeitig mit einem Knopfdruck zum Klingen zu bringen. Der sogenannte „Septim-Accord" war geboren. Durch diese Erfindung wurde später auch die Produktion von 60-, 80- und 120bässigen Akkordeons möglich. M. darf damit als „Vater" des modernen Akkordeons angesehen werden, auf dessen Prinzip auch die heutigen Instrumente noch basieren. Um die industrielle Fertigung des Produktes aufzunehmen, das sich schnell am Markt durchsetzte und bald den Großteil der Akkordeonindustrie versorgte, bezogen die Brüder M. Anfang der 1930er Jahre neue Werkstätten in der Mittelstraße 9b auf dem Magdeburger Werder. Durch die schweren Bombardements Magdeburgs 1944 und 1945 nicht in Mitleidenschaft gezogen, konnte die Firma ihre Produktion auch über das Ende des II. Weltkrieges hinaus fortsetzen. Jedoch gingen in den Wirren des Krieges und den anschließenden Jahren in der SBZ die Patentrechte verloren. Nach dem Tod des Erfinders 1958 produzierten seine Söhne bis in die 1970er Jahre noch Bassmechaniken, vor allem für die bekannten Firmen in Klingenthal. Dann wurde durch übergeordnete Betreibungen von DDR-Organen im Zuge einer rigiden Zentralisierungs- und Verstaatlichungspolitik die Bassmechanik-Produktion nach Klingenthal verlegt, so daß die private Firma M. keine Aufträge mehr bekam. Nur notdürftig hielt man sich u.a. mit Auftragsarbeiten für das Fernsehgerätewerk in Staßfurt über Wasser. Nach der politischen Wende 1989 wurde das Betriebsgelände verkauft.

Archivalien: Familie M., Magdeburg (privat).

Bildquelle: Familie M., Magdeburg (privat).

Frank Kornfeld

letzte Änderung: 07.06.2005